Suchmaschine: Auch mit ChatGPT bleibt Bings Marktanteil bei drei Prozent

Ein "neues Paradigma für die Suche" sollte ChatGPT Microsofts Suchmaschine Bing bringen. Bitte warten.​

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Bing.com in Adresszeile eines Smartphone-Browsers, daunter ein Logo für Microsoft Bing

(Bild: mundissima/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Von einer "Zeitenwende" bei Suchmaschinen sprach Microsoft-Chef Satya Nadella vor knapp einem Jahr. Anfang Februar stellte er seiner Suchmaschine Bing den Chatbot ChatGPT zur Seite. Es herrschte Aufbruchstimmung. Google konnte nicht mithalten, und Microsoft versprach sich große Verschiebungen beim Marktanteil.

Vielleicht kommen sie noch, diese Verschiebungen. Bislang sind sie aus den üblichen Statistiken nicht ablesbar. Bei Statcounter lag Bing im Februar weltweit bei 2,81 Prozent, für Dezember weist die Statistik 3,37 Prozent aus. Relativ gesehen ist das durchaus eine beachtliche Verschiebung, der Marktanteil ist um ein Fünftel gewachsen!

Allein, mit 3,37 Prozent liegt Bing unter den Werten aus dem September, Oktober und November 2022 (3,42 bis 3,59%). Die Schwankungsbreite dürfte erheblich sein, so dass sich aus den Statcounter-Daten wenig ablesen lässt. Außer, dass es nicht um Potenzen nach oben geht, und Google seit April 2015 ununterbrochen über 90 Prozent liegt. Daran hat auch Bings Chatbot nichts geändert.

Besonders traurig steht es um Microsofts Marktanteil auf Smartphones. Dort balgt sich Bing mit einem halben Prozent Marktanteil mit seinen Franchisenehmern Yahoo und Duckduckgo um Platz 4, noch hinter Yandex und Baidu, die es immerhin über die Ein-Prozent-Marke schaffen.

Bloomberg weist unter Berufung auf den App-Datenauswerter Sensortower darauf hin, dass die Bing-App Zustrom verzeichnet. Nutzten in den USA im Juni 2022 gerade einmal eineinhalb Millionen Anwender die Bing-App, waren es Ende 2023 schon 4,4 Millionen. Die mit der App verbrachte Zeit sei um 84 Prozent gestiegen. Das ist Microsofts Werbeeinnahmen sicherlich förderlich, für eine Suchmaschine aber nicht unbedingt ein Qualitätsmerkmal. Schließlich möchte man das Gesuchte schnell finden, und nicht viel Zeit mit der Suchmaschine verbringen. Aber will Bing mit ChatGPT und DALL-E überhaupt noch eine Suchmaschine sein?

In der Desktopwelt scheint die Sonne schön wie nie auf Bing: 10,53 Prozent globaler Marktanteil laut Statcounter sind ein neuer Rekord. Angesichts der andauernden Bemühungen Microsofts, seinen Windows-Abonnenten mit Bing aufzuwarten, sind auch zehn Prozent mittelprächtig. Dass der gemessene Zuwachs an den KI-Features liegt, ist aber nicht gesichert. Im Oktober 2022 lag der Wert bereits bei 9,92 Prozent, um dann abzurauschen. Zum ChatGPT-Einzug im Februar 2023 spricht der Statcounter von 8,18 Prozent, und dann es geht sogar weiter bergab auf 6,81 Prozent im Mai; seither geht es laut den Zahlen wieder bergauf.

Das Rauschen in den Daten dürfte erheblich sein. Einer weiß genau, wie sich Bings Zugriffszahlen verschieben: Microsoft. Doch der Datenkonzern hält sich bedeckt. Immerhin muss Nadella nicht um den zweiten Platz im weltweiten Suchmaschinen-Ranking bangen, solange Desktop-Computer mit einbezogen werden. Gleichzeitig ist der Marktanteil so klein, dass Microsoft nichts zu verlieren hat. Nadella kann sich also KI-Experimente leisten; aus unternehmerischer Sicht darf GPT-Bing durchaus psychisch auffällig sein und widersprüchliche bis absurde Resultate auswerfen.

(ds)