Torrent-Piraten verhängen Medien-Embargo

Die Verantwortlichen des Torrent-Trackers The Pirate Bay ziehen Konsequenzen aus der jüngsten Kritik an der Veröffentlichung von Obduktionsfotos zweier ermordeter Kleinkinder und brechen kurzerhand den Kontakt mit der Presse ab.

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Die Betreiber des umstrittenen schwedischen Bittorrent-Trackers The Pirate Bay sprechen nicht mehr mit Journalisten. "Nachdem in der vergangenen Nacht der letzte Vertreter der respektablen traditionellen Medien seine Versprechen nicht eingehalten hat, haben wir entschieden, alle Kontakte mit der Presse bis auf Weiteres zu unterbinden", schreibt Pressesprecher Peter Sunde im Blog des Trackers. Bereits geplante Interviews sollen nicht mehr stattfinden, Anfragen von Medienvertretern würden nicht mehr beantwortet.

Das Medien-Embargo der von Inhalteproduzenten scharf verfolgten Piratentruppe markiert die nächste Eskalationsstufe in der aufgeheizten Debatte um die Verbreitung von Obduktionsfotos zweier ermordeter Kleinkinder über The Pirate Bay. Die Ermordung der ein und drei Jahre alten Geschwister hatte über Schwedens Grenzen hinaus für Schlagzeilen gesorgt. Für den Mord an den Kindern ist nach Überzeugung des zuständigen Gerichts in Västerås eine 32-jährige Studentin aus Hannover verantwortlich.

Die Fotos stammen aus dem nach schwedischem Recht öffentlich zugänglichen Untersuchungsbericht der Behörden und waren von einem Nutzer über den Torrent-Tracker in Umlauf gebracht worden. Die Veröffentlichung der Bilder ist demnach nicht rechtswidrig. Die Pirate-Bay-Macher hatten jedoch der eindringlichen Bitte des Vaters der Kinder, entsprechende Torrents zu löschen, nicht entsprochen und auf ihren Grundsatz verwiesen, Inhalte auf der Plattform nicht zu zensieren.

Mit ihrer – auch innerhalb der Filesharing-Community umstrittenen – Weigerung, eine weitere Verbreitung der unzensierten Fotos zu unterbinden, heizten die Pirate-Bay-Macher eine ohnehin aufgeladene mediale Debatte weiter an. Nach Angaben aus der Szene sollen die Torrents mit den Fotos allerdings erst durch die breite Berichterstattung größere Popularität erlangt haben. Die Verantwortlichen unternahmen in der Folge einige Versuche, ihren Standpunkt gegenüber der Presse zu verdeutlichen. In seinem persönlichen Blog beklagt Sunde allerdings, von den Medien unfair behandelt worden zu sein.

Auslöser für den Bruch mit der Presse war letztlich der Auftritt Sundes in der Live-Sendung "Debatt" des schwedischen Senders SVT am gestrigen Donnerstagabend. Entgegen vorheriger Absprachen und der Versicherung der Fernsehmacher, es werde eine Grundsatzdiskussion über die Fragen des Urheberrechts im Internet geben, erklärt Sunde, er sei mit einem Telefoninterview des Vaters der ermordeten Kinder konfrontiert und dazu befragt worden.

Das Kommunikationsembargo sei "keine Kriegserklärung", vielmehr gehe es um die Zukunft, heißt es in dem Blogeintrag weiter. Die Piraten wollten sich künftig ganz auf den Betrieb der Website konzentrieren, um "den Medien-Monopolen noch mehr Schaden zuzufügen". SVT hat unterdessen bekannt gegeben, dass man den Vorfall bedauere. Für die Sendung seien eigentlich getrennte Gespräche mit dem Vater der Kinder und Sunde geplant gewesen, die in der Live-Situation jedoch vermischt wurden. Wer den Mitschnitt der Sendung verfolgt, kann aber durchaus zu dem Schluss kommen, dass diese Situation gezielt herbeigeführt werden sollte. (vbr)