Triple "No" für Triple X

In Lissabon hat die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers auf ihrer Tagung wieder das Thema der Adresszone für Erotikanbieter auf dem Tisch. Vertreter internationaler Regierungen erteilten .xxx vorab eine Absage.

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Von
  • Monika Ermert

Ein klares Nein zum Rotlichtbezirk im Internet haben Vertreter internationaler Regierungen dem Vorstand der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) mit auf den Weg gegeben. Der Vorstand will bei seiner Sitzung in Lissabon am Freitag über die hoch umstrittene Bewerbung für .xxx als Adresszone für Erotikanbieter entscheiden. Der Vorsitzende des ICANN-Vorstands, Vint Cerf, sagte, er hoffe auf eine endgültige Entscheidung. Die .xxx-Bewerbung wurde im Rahmen der Einführung von Adresszonen für bestimmte Zielgruppen (sponsored Top Level Domains, sTLD) 2003 beantragt. Seither tobt ein Streit um die Adresszone.

"Einige Regierungen sind emphatisch dagegen, einige sind dagegen, wenn auch nicht emphatisch, und einige sind neutral. Ich muss aber sagen, kein einziger Regierungsvertreter hier hat sich für .xxx ausgesprochen," sagte der frischgebackene Vorsitzende des Regierungsbeirates Janis Karklins. Gleichzeitig warnte Karklins ICANN, die Organisation würde durch die Einführung von .xxx ihr Mandat auf Inhaltefragen ausdehnen. "Das liegt klar außerhalb des ICANN-Mandats", mahnte Karklins.

Cerf machte den Regierungsvertretern klar, dass der ICANN auch im Falle einer Entscheidung gegen .xxx vorgeworfen wird, eine allein durch den Inhalt motivierte Entscheidung getroffen zu haben. Die technischen und finanziellen Prüfrunden hatte die .xxx-Bewerbung jeweils gut gemeistert. Die Ablehnung einer neuen Adresszone aufgrund von bestimmten Moralvorstellungen wäre aus Sicht einer Reihe von Befürwortern der eigentliche Sündenfall. Für die ab dem kommenden Jahr geplanten Neueinführungen weiterer neuer Adresszonen könnte das ICANN in die Rolle eines Inhalteregulierers bringen.

Einige Kritiker sprechen sogar von einer Art Zensorenamt, das ICANN damit übernehmen würde. Auch Einspruchsregelungen für neue Adresszonen, wie sie in einem in Lissabon diskutierten Papier der Generic Name Supporting Organisation diskutiert werden, öffneten einer überbordenden Inhaltezensur Tür und Tor, fürchtet etwa Milton Mueller, US-Professor und Vertreter im Nutzergremium der ICANN. Weil .xxx zum Präzedenzfall werden könnte, tut sich der ICANN-Vorstand mit der Entscheidung schwer. "Der Vorstand ist entzweit," sagte Cerf. Er könne nicht sagen, wie es ausgeht.

Letztlich muss sich der ICANN-Vorstand auch entscheiden, ob er den vom .xxx-Initiator Stuart Lawley angedrohten Rechtsstreit oder einen dicken Streit mit den Regierungen bevorzugt. Mehrere ICANN-Vorstandsmitglieder forderten bei der Debatte mit den Regierungen daher auch auf, dem Vorstand präzisere Gründe für die Ablehnung mit auf den Weg zu geben.

Zum Leidwesen der ICANN-Direktoren bezieht sich nämlich das von Karklins angekündigte Dokument, das die Haltung der Regierungen begründen soll, auf eine im vergangenen Jahr verabschiedete Erklärung. Die aber bezog sich auf einen älteren Vertragsentwurf. Lawley könnte bei einem Rechtsstreit wohl argumentieren, dass die Kritikpunkte der Regierungen durch den neuen Vertrag aufgegriffen wurden. "Ich glaube, jedem hier ist die generelle Meinung klar, aber wenn der Regierungsbeirat sich genau zu diesem Vertragsentwurf äußern könnte, wäre das sicher hilfreich," sagte Cerf.

Vorstandsmitglied Peter Dengate Thrush benannte auch Gründe, die aus Sicht des Vorstandes eine Anerkennung infrage stellen. Einer sei der Widerstand der Branche, für die der Rotlichtbezirk eigentlich gedacht ist. Zahlreiche Unternehmen aus dem Erotikbereich haben sich gegen die Bewerbung von Lawley ausgesprochen. Zudem habe er auch Bedenken, wie die ICANN darüber wachen soll, dass die von Lawley für .xxx angebotenen strengen Regeln in Bezug auf Jugendschutz oder Rating eingehalten werden sollen. Die Regierungen hätten in ihrem ursprünglichen Dokument verschiedene "Punkte und Fragen angesprochen, aber Rat ist das nicht", meint Dengate-Thrush. Am Ende erbarmte sich der französische Regierungsvertreter Bertrand de La Chapelle und sagte, wenn zur Begründung der Ablehnung nicht genüge, dass die Erotikzone nicht genügend Vorteile für die Allgemeinheit bringe, könne durchaus auch mit der mangelnden Unterstützung und Fragen nach der Inhalteaufsicht argumentiert werden. (Monika Ermert) / (anw)