Analyse: Weniger deutschsprachige Tweets unter Elon Musk, Rechte werden lauter

Im April dieses Jahres wurden etwa 20 Prozent weniger Tweets auf Deutsch abgesetzt als in den Vorjahren. Nur eine Gruppe wird laut einer Analyse immer aktiver.

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(Bild: Tada Images/Shutterstock.com)

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In den vergangenen Monaten ist die Zahl der deutschsprachigen Beiträge auf Twitter deutlich zurückgegangen und die Meinungsvielfalt offenbar gesunken. Gleichzeitig sind "rechte Accounts" merklich aktiver geworden. Das sind die zentralen Ergebnisse einer Analyse im Auftrag des ZDF Magazins Royale. Demnach wurden im April 2023 rund 20 Prozent weniger Tweets in deutscher Sprache abgesetzt, vergleichsweise kleine Gruppen waren weniger aktiv und eine "Bubble" aus "vorwiegend rechten Accounts" hat 64 Prozents mehr Tweets abgesetzt als im April 2021.

Durchgeführt wurde die Analyse von dem Social-Media-Analysten Luca Hammer und der Datenjournalistin Martina Schories. Grundlage war ein Archiv von mehr als einer Milliarde Tweets aus dem Zeitraum zwischen Dezember 2020 und Mai 2023, für das von der Twitter-API jeden Tag alle deutschsprachigen Tweets angefordert wurden. Weil der dazu genutzte Zugang jetzt nicht mehr kostenfrei ist, wird solch eine Auswertung wegen des Preises von etwa 0,01 US-Dollar pro Tweet wohl nicht mehr möglich sein, schreiben die beiden noch.

Ermittelt haben die beiden primär, dass die Zahl der deutschsprachigen Tweets im Frühjahr 2023 offenbar merklich unter den Werten des Vorjahrs und von vor zwei Jahren gelegen hat. Eine Einschränkung ergibt sich aber daraus, dass das genutzte Abfrageskript zum Jahreswechsel und Anfang 2023 aber an dutzenden Tagen wegen eines Fehlers keine Daten geliefert hat. Trotzdem wird der Rückgang deutlich sichtbar.

Weiterhin haben die beiden die auf Deutsch Twitternden je nach jeweils besonders häufig gefolgten Accounts in Gruppen eingeteilt und deren Aktivität über den zeitlichen Verlauf visualisiert. Erkenntlich werde daraus, dass jene Community aus "überwiegend rechten Accounts" – die etwa Sahra Wagenknecht, Julian Reichelt und der AfD-Chefin Alice Weidel folgen – sichtlich mehr Tweets absetzt und sich an die Spitze der Twitter-Gruppierungen gesetzt hat. Andere etwa um Rezo, Christian Drosten, Jan Böhmermann, die Tagesschau und Armin Wolf wären dagegen ruhiger geworden.

Welchen Zusammenhang es zwischen den Veränderungen und der Übernahme Twitters durch Elon Musk gibt, lasse sich aus den Daten nicht herauslesen. Sichtbar wird in den parallel veröffentlichten Visualisierungen aber, dass sich die Gewichtungen der verschiedenen Gruppierungen zueinander schon länger verschoben hat. Einen direkten Zusammenhang zur Twitter-Übernahme scheint es höchstens bei der Gesamtzahl der deutschsprachigen Tweets zu geben. Veröffentlicht wurde die Zusammenfassung und die dazugehörige Analyse auf der Website vogel.rip.

Auf der Seite gibt es außerdem auch eine Auflistung von Antworten des Bundesamts und des Bundesministeriums für Justiz zu Twitter und dem NetzDG, von Twitter selbst kam demnach nur der automatisch verschickte Kack-Emoji. Dass sich die Art der Konversation auf Twitter unter Musks Führung verändert, war bereits vorher aufgefallen. Rechtsextreme hatten sich durch ihn ermuntert gefühlt, Antifaschisten waren gesperrt worden. Musk selbst war zuletzt immer wieder mit viel kritisierten Äußerungen aufgefallen, unter anderem zu George Soros, die als antisemitisch kritisiert wurden.

Wegen des Umgangs mit einem Video zu Geschlechterfragen und der Inhaltskontrolle hatten kürzlich erneut zwei hochrangige Angestellte das soziale Netzwerk verlassen. Gleichzeitig ist jetzt bekannt geworden, dass ein weiterer hochrangiger Manager des US-Medienkonzerns NBCUniversal zu Twitter wechselt. Joe Benarroch war dort als Executive Vice President für "Kommunikation, Werbung und Partnerschaften" zuständig. Seine künftige Chefin, Linda Yaccarino, kommt ebenfalls von NBCUniversal und soll in diesem Monat ihre Arbeit aufnehmen.

(mho)