US-Militär will Deepfakes für Propaganda nutzen

US-Spezialkräfte rufen nach neuen taktischen und operativen Mitteln zur Beeinflussung breiter Bevölkerungskreise, digitalen Täuschung und Kommunikationsstörung.

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Drei Soldaten der US-Army um einen Laptop geschart

(Bild: Georgia Army National Guard/Staff Sgt. Tracy J. Smith (bearbeitet) CC BY 2.0)

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Das Special Operations Command (SOCOM) der USA, das streng geheime Militäroperationen des Pentagons ausführt, setzt im Propagandakrieg auch auf manipulierte Bild-, Audio- oder Videoinhalte. Es drängt auf neue und verbesserte Mittel zur Durchführung von "Beeinflussungsoperationen, digitaler Täuschung, Störung der Kommunikation sowie Desinformationskampagnen auf taktischer und operativer Ebene". Solche Ansätze sollen vor allem durch "Deepfake-Videos der nächsten Generation" schlagkräftiger werden.

Dies geht aus einer Beschaffungsliste des SOCOM vom Oktober hervor, die das Online-Magazin The Intercept veröffentlicht hat. Die US-Spezialkräfte rufen demzufolge nach "fortgeschrittene Technologien für den Einsatz bei militärischen Informationsoperationen (MISO)". Dieser Begriff steht für die globalen Propaganda-Aktivitäten des US-Verteidigungsministeriums. Laut dem Papier sucht SOCOM nach nie dagewesenen Fähigkeiten, um unterschiedliche Daten über öffentliche und offene Informationsströme wie soziale Medien und die lokale Presse zusammenzuführen und für die informationelle Kriegsführung zu nutzen.

Der Jargon erinnert an das 2002 öffentlich gewordene Pentagon-Überwachungsprojekt "Total Information Awareness" (TIA). Der US-Kongress stoppte das Vorhaben zwar offiziell wenig später. Es tauchten aber immer wieder Berichte auf, wonach die Initiative weiterverfolgt wird. Diesmal soll die möglichst vollständige Kommunikationsauswertung erfolgen, um "naturgetreue digitale Videofälschungen mithilfe von maschinellem Lernen" zu erzeugen. Die Spezialeinheiten sollen diese Deepfakes nutzen, um Zielgruppen mit einschlägigen Operationen auch "über nicht-traditionelle Kanäle zu beeinflussen". Das SOCOM will so "Botschaften" erstellen und verbreiten können, "die von der lokalen Bevölkerung leichter aufgenommen werden". Nicht ausgeschlossen werden dafür etwa Hacks vernetzter Geräte wie Smart-TVs und anderer Apparate im Haushalt oder im Internet der Dinge.

Als Deepfakes gelten zunehmend realistisch wirkende Fotos, Audios oder Videos, in denen Personen mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) in neue Kontexte gestellt werden. Oft werden so Dritten etwa Worte in den Mund gelegt, die sie so niemals gesagt haben. Die US-Regierung warnt eigentlich immer wieder vor der Gefahr solcher Täuschungen und arbeitet an der Entwicklung von Gegenmitteln. "Wenn es um Desinformation geht, sollte das Pentagon nicht Feuer mit Feuer bekämpfen", forderte Chris Meserole, Leiter der KI-Initiative der Denkfabrik Brookings Institution, gegenüber The Intercept. Deepfakes würden "das Fundament der Demokratie selbst" untergraben.

Die Wunschliste enthält generell viele, teils futuristische Werkzeuge, die den US-Elitesoldaten dabei helfen sollen, ihre Ziele mithilfe etwa von Lasern, Robotern, Hologrammen und anderer hochentwickelter Hard- und Software effektiver auszuschalten. Dazu zählen auch Cyberwaffen mit Fähigkeiten zur Störung, Beeinträchtigung oder Zerstörung von IT-Systemen mit oder ohne Internetanschluss, Tracker ohne verdächtige Funksignale und Instrumente zur biometrischen Fernidentifizierung von Personen über Distanzen von einem Kilometer oder mehr.

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