US Supreme Court will knifflige Patentlizenzfrage klären

Der oberste US-Gerichtshof hat eine Beschwerde von Quanta und anderen taiwanischen PC-Herstellern gegen eine Klage von LG Electronics angenommen, in der es um die Reichweite gewerblicher Schutzrechte in der Lieferkette geht.

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Der Oberste US-Gerichtshof hat eine Beschwerde von Quanta und anderen taiwanischen PC-Herstellern gegen eine Klage von LG Electronics wegen Patentverletzungen angenommen, in der es um die Reichweite gewerblicher Schutzrechte in der Lieferkette geht. Quanta und Mitbetroffene wie Bizcom Electronics, Compal Electronics, Q-Lity oder Computer Sceptre Technologies monieren, dass der südkoreanische Wettbewerber seine Patentansprüche auf Mikroprozessoren und Chipsätze exzessiv nutzen will. Er versuche, "die gesamte Computerindustrie" mit einer Klage über mehrere Milliarden US-Dollar durch mehrfache Forderungen nach Lizenzgebühren zu erschüttern.

Quanta beruft sich darauf, die geschützte Technik gar nicht selbst zu nutzen. Man habe die entsprechenden Chips von Intel bezogen. Die Kalifornier wiederum hätten dafür bereits Lizenzgebühren gezahlt. Betroffen sein von dem Streit um fällige Kosten könnten aber auf der nächsten Stufe auch Computerhersteller wie Dell, Hewlett-Packard, Gateway, IBM oder Sony sein, da Quanta für diese als Vertragspartner PCs mit den besagten Chips an Bord herstellte. Quanta ist auch für Apple tätig und liefert Kernbauteile für das iPhone nach Kalifornien, was in dem Fall aber keine Rolle spielt.

LG Electronics ist in der sich bereits länger hinziehenden Auseinandersetzung zunächst im Jahr 2000 vor ein US-Bezirksgericht in Nordkalifornien gezogen. Dieses hat Quanta und die in erster Linie mit betroffenen Firmen zunächst vom Vorwurf der Patentverletzung freigesprochen. Diese Entscheidung kassierte im Juli vergangenen Jahres aber das zuständige Berufungsgericht, der Court of Appeals for the Federal Circuit in Washington.

Die Taiwaner wandten sich daraufhin an den Supreme Court, der sich nun mit der kniffligen Frage der Reichweite von Patentlizenzen beschäftigen will und für Anfang 2008 eine mündliche Verhandlung angesetzt hat. Mit einer Entscheidung ist bis Ende Juni nächsten Jahres zu rechnen. Unterstützung erhalten Quanta und Konsorten von ihren Partnern Dell, HP und Gateway. Diese sehen im Urteil des Berufungsgerichts die Gefahr, dass "den Herstellern von Technologieprodukten hohe finanzielle und praktische Lasten aufgebürdet werden". In einem separaten Rechtsstreit hat LG dem taiwanesischen Auftragsfertiger im Juli vorgeworfen, auch vier von den Koreanern gehalten Patente für DVD-Technik zu verletzen. Auch dabei geht es darum, dass das geschützte Know-how von Quanta in Geräten anderer Anbieter für den US-Markt genutzt sein worden soll.

In den USA geht derweil auch der Kampf um den Gesetzesentwurf zur Novelle des US-Patentwesens weiter, nachdem diesen das Repräsentantenhaus Anfang des Monats absegnete. Rund 20 Erfinder und Manager von Technologie-Startups sind vergangene Woche nach Washington zum US-Kongress gezogen, um ihre Bedenken gegen das noch vom Senat zu behandelnde Reformvorhaben zum Ausdruck zu bringen. Der Entwurf werde "das Patentsystem schwächen", monierte etwa der Erfinder des Segway-Rollers, Dean Kamen. Damit werde es sich nicht mehr lohnen, "in die Zukunft zu investieren". Der Präsident des Netzausrüster Corning, Peter Volanakis, gab zu bedenken, dass mit den Plänen der Gesetzgeber "schlicht und einfach Patentverletzungen gefördert werden". Auch Steve Perlmann, führender Entwickler der QuickTime-Multimediasoftware von Apple, beklagte, dass kleine Firmen und Erfinder bei den Debatten über die Novelle ignoriert worden seien.

Große IT-Firmen wie Apple, Cisco Systems, Microsoft, RIM und SAP sowie Branchenvertretungen wie die Business Software Alliance (BSA) haben sich unter dem Dach der Coalition for Patent Fairness dagegen vehement für die Patentreform ausgesprochen. Der Entwurf sieht unter anderem vor, dass Richter Schadensersatz in der Regel nur mehr auf Basis des "spezifischen Beitrags" eines Patents zum Stand der Technik beziehungsweise zu bereits erfolgten industriellen Entwicklungen und dokumentierten gewerblichen Erfindungen ("Prior Art") festsetzen dürfen. Ferner müssten Patentinhaber einem Gericht unter anderem einen "klaren und überzeugenden Nachweis" erbringen, dass ihre Erfindungen absichtlich kopiert worden sind, wenn sie einen dreifachen Schadensersatz geltend machen wollen.

Zum Patentwesen sowie zu den Auseinandersetzungen um Softwarepatente und um die EU-Richtlinie zur Patentierbarkeit "computer-implementierter Erfindungen" siehe den Online-Artikel in "c't Hintergrund" (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den aktuellen Meldungen):

(Stefan Krempl) / (jk)