Ungarn verzögert Gültigkeit des Flugdatenabkommens

Der ungarische Staatspräsident László Sólyom hat dem umstrittenen Passagierdatenabkommen zwischen den USA und der EU wegen datenschutzrechtlicher Bedenken seine Unterschrift verweigert.

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Der ungarische Staatspräsident László Sólyom hat dem umstrittenen neuen Abkommen zur Weitergabe von Flugpassagierdaten (Passenger Name Records, PNR) zwischen den USA und der EU seine Unterschrift verweigert. Laut Agenturberichten gab der Politiker das Ratifizierungsgesetz an die ungarische Volksvertretung mit dem Argument zurück, dass "nicht klar" sei, ob der Datenschutz bei dem im Oktober zwischen Washington und Brüssel ausgehandelten Vertrag hinreichend gewährleistet ist. Es müsse gesichert sein, dass Fluggastdaten nur dann an US-Sicherheitsbehörden wie den Zoll, die CIA oder das FBI übermittelt werden, wenn die betroffenen Passagiere dem ausdrücklich zustimmen. Wann das in seiner Gültigkeit bis Juli 2007 begrenzte Interimsabkommen in Kraft treten kann, ist somit weiter unsicher. Dafür ist die Ratifizierung der Vereinbarung von allen EU-Mitgliedsstaaten erforderlich. Gleichzeitig erfolgt die von den USA geforderte und von den Fluggesellschaften praktizierte Datenweitergabe weiter letztlich in einem rechtlichen Vakuum.

Der EU-Abgeordnete Alexander Alvaro hat den Schritt Solyoms begrüßt: "Die Bedenken, die der ungarische Staatspräsident im Hinblick auf einen ausreichenden Datenschutz durch die Weitergabe von Fluggastdaten an US-Behörden hegt, teile ich voll und ganz", betonte der innenpolitische Sprecher der Liberalen im EU-Parlament. Die europäische Volksvertretung habe seit Anbeginn der Verhandlungen zahlreiche Mängel an dem Datentransfer hervorgehoben: So gebe es etwa keine Ziel- und Zweckgebundenheit der Datenermittlung, keinen Auskunfts- beziehungsweise Berichtigungsanspruch der betroffenen Bürger und auch keine Klarheit über einschlägige Datenschutzvorschriften". Andere, sich gerade im Ratifizierungsprozess befindliche Regierungen, fordert der FDP-Politiker auf, Ungarn und seinen Vorbehalten zu folgen und das Abkommen nicht zu unterzeichen. Die kommende deutsche EU-Ratspräsidentschaft habe ferner "alle Möglichkeiten", die angesprochenen Datenschutzprobleme anzugehen und im Rahmen der Neuverhandlungen des Abkommens "zu heilen".

Derweil beeilte sich die ungarische Außenministerin Kinga Goncz mit der Ansage, dass die Hängepartie rund um das Abkommen im Parlament rasch beendet werden könne. "Anwälte arbeiten an Änderungen, die eine rasche Lösung des Problems erlauben", sagte die Politikerin, die eine Belastung der Beziehungen zu den USA vermeiden wollte. Es ist allerdings unklar, inwiefern ein einzelner Mitgliedsstaat Korrekturen an einem internationalen Abkommen vornehmen kann. Es heißt daher in Medienberichten, dass die ungarische Volksvertretung das Papier auch unverändert an den Präsidenten zurückgeben könne und dieser beim zweiten Mal zur Unterschrift verpflichtet sei. Momentan geben Fluggesellschaften in den EU-Staaten den US-Behörden 34 Detailinformationen pro Passagier frei, die offiziell zunächst dreieinhalb Jahre gespeichert werden dürfen. Die Angaben enthalten nicht nur Namen, Geburts- und Flugdaten, sondern auch Kreditkarteninformationen, besondere Essenswünsche, weitere Buchungen für Hotels oder Mietwagen sowie E-Mail-Adressen und Telefonnummern. (Stefan Krempl) / (pmz)