Werbeanrufe: Tarifwechsel während des Telefonats laut Gericht nicht zulässig

Noch während des Werbeanrufs sollte ein Vodafone-Kunde einen Tarifwechsel per Klick auf einen E-Mail-Link bestätigen. Das geht laut Münchner Richtern so nicht.​

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Unterschrift, Signatur, Vertrag

(Bild: Gajus/Shutterstock.com)

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Das Münchner Landgericht I hat virtuellen Drückerkolonnen von Telekommunikationsdienstleistern einen Riegel vorgeschoben. Konkret geht es in einem unlängst entschiedenen Fall um einen Werbeanruf durch Vodafone, mit dem ein Kunde zu einem Tarifwechsel bewegt werden sollte. Noch während des Gesprächs erhielt der betroffene Verbraucher eine E-Mail mit der Vertragszusammenfassung zu dem unterbreiteten Internetangebot. Der Vodafone-Mitarbeiter forderte den Kunden auf, das Angebot durch den Klick auf einen enthaltenen Link zur Auftragserteilung zu bestätigen. Die Richter sehen dies als rechtswidrig an. Ihnen zufolge müssen Verbraucher ausreichend Zeit haben, Vertragsinhalte vor einer Zustimmung zunächst zu prüfen.

Gegen das Vorgehen von Vodafone Deutschland klagte der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv). Das Landgericht schloss sich laut dem jetzt veröffentlichten Urteil vom 22. April (Aktenzeichen 4 HK O 11626/23) der Auffassung der Verbraucherschützer an, dass eine solche Verkaufsmethode gegen das Telekommunikationsgesetz (TKG) verstößt. Demnach sind Anbieter seit Dezember 2021 verpflichtet, Verbrauchern eine klare und leicht lesbare Vertragszusammenfassung zur Verfügung zu stellen, bevor diese ihre Entscheidung fällen.

Sinn und Zweck dieser Vorgabe ist laut der 4. Kammer für Handelssachen auch, dass Konsumenten "in voller Sachkenntnis" entscheiden können, ob sie eine Vertragserklärung abgeben. Ferner müsse ihnen ein Vergleich mit anderen Angeboten anderer Dienstleister ermöglicht werden. Dies erfordere einen gewissen Zeitraum zwischen der Übersendung des Informationsblatts und der Abgabe der Vertragserklärung. Während eines laufenden Telefonats habe ein Verbraucher "nicht wirklich die Möglichkeit", die Eckpunkte eines neuen Tarifs anzuschauen.

Die Richter erkennen in der beklagten Praxis zudem einen Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), da die einschlägige TKG-Vorschrift auch das Informationsinteresse und die Entscheidungsfreiheit von Verbrauchern in Bezug auf andere Marktteilnehmer schütze. Sie haben Vodafone dazu verurteilt, an den Kläger 260 Euro nebst Zinsen zu zahlen und die Kosten des Rechtsstreits zu übernehmen. Sollte die Beklagte noch einmal so verfahren, droht ihr ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000 Euro.

Am Telefon bestehe die Gefahr, dass Verbraucher "zum Abschluss von Verträgen überredet werden, zu denen sie nach genauerem Hinschauen lieber Nein sagen", begrüßte vzbv-Vorständing Ramona Pop die Entscheidung. Bestehende oder potenziell neue Kunden bräuchten ausreichend Zeit. Das sei mitten in einem Gespräch mit einem Vertriebsmitarbeiter unmöglich. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Vodafone hat Berufung eingelegt beim Oberlandesgericht München (Az.: 6 U 1815/24e). Die Klage geht zurück auf einen Hinweis der Marktbeobachtung Digitales des vzbv. Das untersagte Vorgehen betrifft laut Berichten von Verbrauchern auch andere Telekommunikationsanbieter.

(mki)