Verbrauchern droht neue Strompreiserhöhung

Alle Bemühungen für eine Strompreisbremse noch vor der Wahl sind in den Bund/Länder-Verhandlungen gescheitert. Zwei neue Studien prognostizieren den Bürgern nun unangenehme Wahrheiten.

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Von
  • Georg Ismar
  • dpa

Den Verbrauchern in Deutschland droht ein weiterer Anstieg der Strompreise. Ein Grund ist, dass die über den Strompreis zu zahlende Umlage zur Förderung erneuerbarer Energien einer Studie zufolge 2014 erneut steigen wird. Von derzeit knapp 5,3 Cent je Kilowattstunde werde sie auf etwa 6,1 Cent zulegen, ermittelte das Öko-Institut in einer am Montag vorgestellten Studie im Auftrag von Greenpeace. Das würde einen Durchschnittshaushalt statt bisher mit 185 Euro mit knapp 215 Euro pro Jahr belasten.

Hinzu kommt, dass die Ausnahmen für die Industrie bei den Netzentgelten von 805 Millionen Euro auf 1,1 bis 1,2 Milliarden Euro steigen könnten. Das ist das Ergebnis einer Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) im Auftrag der Grünen-Fraktion. Die Industrierabatte werden von den übrigen Stromkunden über eine weitere Umlage bezahlt, die ebenfalls Teil des Strompreises ist.

Zuletzt kletterte die Zahl begünstigter Unternehmen auf mehr als 3330 – so sollen wegen der Belastungen durch die Energiewende Arbeitsplätze gesichert werden. In der Studie wird betont, dass sich das Rabattvolumen 2014 voraussichtlich noch einmal deutlich erhöhen werde – obwohl etliche Ausnahmetatbestände wieder gestrichen werden sollen.

Ein Grund ist, dass die Netzentgelte auch wegen des Ausbaus im Zuge der Energiewende um 10 bis 20 Prozent steigen werden, "so dass die Entlastung bestimmter Großverbraucher teurer wird". Zudem sei die Umlage im Jahr 2012 zu niedrig angesetzt worden, weshalb der Fehlbetrag im kommenden Jahr aufgeschlagen werde.

Durch diese Entwicklungen könnte die Jahres-Stromrechnung etwa eines Drei-Personen-Haushalts mit 3500 Kilowattstunden Verbrauch erstmals die Grenze von 1000 Euro durchbrechen. Hauptgrund für den erwarteten weiteren Anstieg der Ökostrom-Umlage sind weniger neue Wind- und Solarparks. Der Zubau dürfte besonders im Solarbereich weit geringer ausfallen als in Vorjahren. Die Zusatzkosten entstehen vor allem durch die Berechnungsgrundlage für die Umlage. Gezahlt werden muss die Differenz zwischen dem an der Strombörse erzielten Preis für Wind- und Solarstrom und dem garantierten festen Vergütungssatz.

Da durch immer mehr Ökostrom die Börsenstrompreise massiv gefallen sind, wachsen die Umlagekosten. Die Bundesregierung müsse dafür sorgen, dass Energieversorger gesunkene Einkaufspreise an Haushalte weitergeben, sagte Felix Matthes vom Öko-Institut. Dies tun die Unternehmen bisher oft kaum. Hinzu kommt, dass wegen eines Preisverfalls bei CO2-Verschmutzungsrechten Kohlestrom billig ist – was die Börsenstrompreise ebenfalls drückt. Die Bundesregierung ist sich aber uneins über eine Reform auf EU-Ebene, mit der die Preise für Verschmutzungsrechte steigen würden.

Die Umlage ist aber auch deshalb so hoch, weil Union und FDP die Zahl an Ausnahmen für energieintensive Unternehmen – wie bei den Netzentgelten – ausgeweitet hatten. Dadurch steigt die Umlage für die anderen Verbraucher. Greenpeace forderte zur Kostensenkung weniger Industrierabatte. So könnte die Umlage um bis zu 1,6 Cent gesenkt werden, sagte Energieexperte Andree Böhling. Er warf der Regierung vor, einseitig den erneuerbaren Energien die Schuld zuzuschieben.

Auch Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) rechnet mit einer Ökostrom-Umlage von 6 Cent und mehr – sie muss bis zum 15. Oktober von den vier Übertragungsnetzbetreibern veröffentlicht werden. Vor Beginn der schwarz-gelben Koalition lag die Belastung durch die Umlage 2009 insgesamt noch bei 5,27 Milliarden Euro, 2013 sind es 20,3 Milliarden. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte 2011 gesagt, die Umlage solle nicht über 3,5 Cent steigen. Bald droht das Doppelte. (anw)