Verfassungsrechtliche Bedenken gegen geplante Visa-Warndatei

Der Regierungsentwurf für eine neue Datenbank für den Grenzschutz stieß bei einer Anhörung im Bundestag auf ein geteiltes Echo. Strafverfolger hielten sie für hilfreich und unverzichtbar, Datenschützer warnten vor erheblichen Risiken.

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Der Regierungsentwurf (PDF-Datei) für eine Visa-Warndatei stieß in einer Anhörung im Bundestag am Montag auf ein geteiltes Echo. Strafverfolger hielten sie für hilfreich und unverzichtbar, Datenschützer warnten vor erheblichen Risiken. Weit ging in seiner Kritik Niko Härting vom Deutschen Anwaltverein (DAV). Er äußerte verfassungsrechtliche Bedenken an der Bestimmung, Daten auch von einladenden Personen zu speichern. Die Erfassung personenbezogener Informationen könne hier nur damit begründet werden, dass bei der Übernahme der Kostenerstattung falsche Angaben gemacht würden. Schon kleine versehentliche Fehler könnten sich so als gefährlich für den Einladenden herausstellen.

Als ungerechtfertigt bezeichnete Sönke Hilbrans von der Deutschen Vereinigung für Datenschutz (DVD) den Aufwand für eine geplante neue Datenbank für den Grenzschutz. Er verwies unter anderem auf das Ausländerzentralregister, in dem Ausweisungsgründe, Sperren für Wiedereinreisen und andere vergleichbare Angaben bereits vorhanden seien, die künftig auch in die Visa-Warndatei einfließen sollten. Auslandsvertretungen führten bereits eigene Visa-Dateien; die EU habe ein Visa-Informationssystem (VIS). Es bestehe daher derzeit kein Bedarf an einer weiteren technischen Infrastruktur. Der schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte Thilo Weichert stellte die Notwendigkeit der Warndatei ebenfalls erneut in Frage. Einen Abgleich mit der Anti-Terror-Datei lehnte er als "verfassungsrechtlich hoch problematisch" ab.

Hans-Hermann Schild, Vorsitzende Richter am Verwaltungsgericht Wiesbaden, forderte, EU-Vorschriften zum Datenschutz im Sicherheitsbereich und im Ausländerrecht zu berücksichtigen. Ausnahmen müssten gesondert festgelegt werden. Er forderte, den Entwurf grundlegend nachzubessern oder ihn fallenzulassen. Christoph Sprich vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) zeigte sich besorgt, dass seriöse Unternehmen durch das Gesetz Probleme beim Einladen von Geschäftspartnern bekommen könnten. Bislang sei unklar, ob sich Verfehlungen einzelner Mitarbeiter, Niederlassungen oder Konzernabteilungen in der Visa-Warndatei niederschlügen.

Der Abgesandte des Bundespolizeipräsidiums, Carsten Glade, setzte sich für das Vorhaben ein. Mit der Datenbank könne "irreguläre Migration" und Visumserschleichung wirkungsvoll verhindert werden. Auch könnten die Grenzbehörden künftig schnell und weniger lückenhaft auf entscheidungserhebliche Informationen zugreifen; die "grenzpolizeiliche Aufgabenwahrnehmung an den Binnengrenzen" würde unterstützt. Keine Alternative zu dem Vorstoß sah der Vizepräsident des Bundeskriminalamts, Jürgen Maurer. Die Datenerfassung und damit verknüpfte Abgleichverfahren machten Deutschland sicherer. (anw)