Verteilungskampf um die digitale Dividende

Mobilfunker und Rundfunk streiten um die Verteilung der Frequenzen, die im Zuge der Digitalisierung der Rundfunkausstrahlung frei werden. Die Politik will mit dem Spektrum Lücken in der Breitbandversorgung füllen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 14 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Monika Ermert

Wenn mit der Digitalisierung des Rundfunks Frequenzen frei werden, lässt die Debatte über die Verteilung dieser sogenannten "digitalen Dividende" nicht lange auf sich warten. Wie das Fell des – streng genommen erst 2015 endgültig erlegten – Bären verteilt wird, darum streiten schon jetzt Rundfunkveranstalter und Mobilfunkanbieter. Auf Frühjahrstagung des Instituts für Europäisches Medienrecht (EMR), der Alcatel Lucent Stiftung, der Landeszentrale für politische Bildung und der Landesanstalt für Kommunikation (LfK) zogen die Anwesenden ein vorläufiges Fazit: Die von der Politik gepflegte Idee, mit der digitalen Dividende elegant die Lücken in der Breitbandversorgung zu schließen, wird wohl nicht so einfach umzusetzen sein.

In Anspielung auf einen von der International Telecommunication Union (ITU) für neue Dienste geöffneten Frequenzbereich, der bislang vom Rundfunk genutzt wurde, verdeutlichte Uwe Löwenstein von Telefonica-02 den Standpunkt Mobilfunkbranche: "Niemand von uns hat gesagt, geben sie uns 72 MHz und dann lösen wir das Problem der Breitbandanbindung im ländlichen Raum." Der Mobilfunk benötige für künftige Anwendungen wesentlich mehr Spektrum. Bei einer zurückhaltenden Marktentwicklung setzt die Branche den Bedarf auf 695 MHz an; wenn's boomt, soll es fast doppelt soviel sein.

Spektrumverschwendung und Rosinenpickerei wird dem Mobilfunk dagegen aus der Rundfunkwelt vorgehalten. "Es wäre ehrlicher, wenn die Mobilfunkanbieter einräumen würden, dass sie vor allem die Zahl ihrer Basisstationen reduzieren wollen", kritisierte Theodor Prosch vom Digitalradio Südwest. Vor Interferenzproblemen zwischen breitbandigen Mobilfunkdiensten und ihrem DVB-T-Sendernetz warnen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten.

Den Einstieg der Mobilfunkanbieter in klassische Rundfunkdienste, wie mit der Einführung von DVB-T-Diensten zur Fussball-Europameisterschaft, kritisierte Thomas Wächter von der Media Broadcast GmbH. Der Mobilfunk macht damit dem von den Medienanstalten lizenzierten, aber nur zäh vorankommenden Mobile-3.0-Konsortium Konkurrenz, das mit DVB-H an den Start gehen will. Löwenstein erklärte dagegen, man sei in diesem Fall wie auch bei der Diskussion um die Nutzung der digitalen Dividende sehr wohl zur Zusammenarbeit bereit.

"Wir stehen vor einem Verteilungskampf", konstatierte Alexander Roßnagel, Wissenschaftlicher Direktor des EMR und Vizepräsident der Universität Kassel. Angesichts der trotz Dividende knappen Ressourcen sei es an den Behörden, sich zu überlegen, wie verteilt werden soll. Anforderungen von Seiten des Rundfunks, ihm mindestens einen Teil der freiwerdenden Frequenzen für eigene Ausbauzwecke zu überlassen, macht nach Ansicht von Roßnagel eine Präzisierung der Grundversorgungsauftrags notwendig.

Andererseits müsse man auch beim Mobilfunk eine Vergabe an Anforderungen knüpfen, meint Roßnagel. Nachdem der von der Politik beschworene Anschluss des ländlichen Raumes in den betriebswirtschaftlichen Plänen der Anbieter keine Rolle spiele, gelte es Ziele zu formulieren und diese dann bei der Vergabe frei werdender Frequenzen durchzusetzen. Das entspricht laut den Juristen zwar nicht gerade der viel beschworenen Neutralität, sei aber angesichts der Knappheit der Ressourcen im Sinne der Öffentlichkeit gerechtfertigt.

"Der Internetwirtschaft ist es egal, wie der Kanal zur Verfügung gestellt wird", sagte Klaus Landefeld, Vorstandsmitglied beim Eco. "Egal wie, es muss ein Breitbandanschluss da sein." Mit Blick auf die Funkanschlüsse zur Überbrückung der digitalen Kluft dämpfte er die Erwartungen. Zwar wären solche Funklösungen gut, wenn man sie jetzt hätte – und laut Untersuchungen des Wirtschaftsministeriums gibt es auch rentable Lösungen. In ein paar Jahren aber brauche man ohnehin mehr Bandbreite, dann helfe nur noch Glasfaser. (Monika Ermert) / (vbr)