Verwirrung um Pentium-4-Fahrplan

Äußerungen eines Managers lösen Spekulationen über Intels Pentium-4-Pläne aus.

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Besucher des Intel Developer Forum, mit dem der Halbleiterhersteller durch Asien tingelte, durften in Taipei die Demonstration eines 2-GHz-Prototypen des Pentium-4-Prozessors bestaunen. Anlässlich der Vorführung kündigte nach Informationen der Infoworld Louis Burns, Chef der Intel Desktop Platforms Group, diesen 2-GHz-Prozessor bereits für das dritte Quartal 2001 an.

Dies wiederum löst Spekulationen über Intels weiteren Pentium-4-Fahrplan aus. Noch in diesem Jahr, das belegen vertrauliche Intel-Roadmaps für Hardware-Hersteller, soll eine im 0,13-µm-Prozess hergestellte Pentium-4-Version namens "Northwood" folgen. Diese läuft nur in neuen Mainboards mit dem µPGA-748-Sockel. Für eine Übergangszeit soll auch der jetzige, im 0,18-µm-Prozess gefertigte Pentium 4, für diesen Sockel geliefert werden, um Systemherstellern den Übergang vom jetzigen Sockel 423 auf die neue CPU-Fassung zu erleichtern. Der Nothwood soll noch im Jahr 2001 eine Taktrate bis zu 2,2 GHz erreichen.

Es mehren sich die Anzeichen, dass Intel die Taktraten des jetzigen Pentium 4 weit schneller als ursprünglich geplant nach oben drückt, um AMD das Wasser abzugraben. Der zurzeit schnellste Pentium 4 1,7 GHz benötigt laut Datenblatt 1,75 Volt Kernspannung und nimmt bis zu 50,2 A Strom auf. Daraus ergibt sich eine theoretische Maximalleistung von 83,6 Watt; im realen Einsatz setzt der Pentium 4 mit 1,7 GHz nach Intel-Angaben jedoch höchstens 64 Watt um. Auf diesen Wert, Thermal Design Power (TDP) genannt, legen Systemhersteller die Kühlung der CPU aus.

Intel veröffentlicht zu den Prozessoren noch weitere Entwicklungsdokumente, Design Guides genannt. So spezifizieren die "VRM 9.0 DC-DC Converter Design Guidelines" den Spannungsregler, den Pentium-4-Prozessoren für ihre Versorgung benötigen. Es fällt auf, dass Intel in diesen Richtlinien eine maximale Strombelastbarkeit von 55,5 A fordert. Das dürfte für einen 2-GHz-Pentium-4 jetziger Bauart knapp werden.

Derzeit schießen Spekulationen ins Kraut, ob Intel die weniger stromhungrige 0,13-µm-Variante deutlich früher als geplant liefert oder ob man ein neues Core-Stepping, also einen leicht veränderten Prozessorkern, entwickelt.

Fans von Verschwörungstheorien äußern gar den Verdacht, dass Intel eine Funktion namens "Automatic Thermal Monitor" nutzt, um den Pentium 4 mit unsauberen Mitteln auf hohe Taktraten zu zwiebeln. Der beim Pentium 4 eingeführte Thermal Monitor überwacht die Chip-Tempertur und moduliert bei Überschreitung eines gewissen Schwellwertes die interne Taktfrequenz. Wird der Prozessor also zu heiß, so arbeitet er nur noch mit der halben angegebenen Taktrate, bis er wieder kühler ist. Dann schaltet der Thermal Monitor wieder auf volle Taktrate.

Die exakten Schaltschwellen dieser Temperaturüberwachung hat Intel nicht veröffentlicht. Daher wird spekuliert, Intel könne diese Funktion nutzen, um trotz eigentlich unzureichender Kühlung immer schnellere Prozessoren zu verkaufen, die in er Praxis dann häufig nur mit halber Leistung arbeiten.

Experimente im c't-Labor zeigten bei vorschriftsmäßiger Kühlung keinen Eingriff des Automatic Thermal Monitor. Dessen Arbeit lässt sich, wie Intel im Kapitel 12.14 des "IA-32 Intel Architecture Software Developer’s Manual, Volume 3" beschreibt, über das Model Specific Register "IA32_THERM_STATUS MSR" (MSR 19Ch) überwachen. Wenn Bit 1 dieses MSR auf "1" steht, so hat der Prozessor sich seit dem letzten Reset selbst heruntergetaktet. Steht Bit 0 auf "1", so ist die automatische Systembremse gerade aktiv. Das signalisiert der Prozessor zusätzlich über das an Pin F38 liegende Signal "PROCHOT#", außerdem kann man ihn so programmieren, dass er einen ACPI-Interrupt auslöst.

Ob die automatische Temperatursicherung überhaupt eingeschaltet ist, lässt sich ohne große Programmierkenntnisse mit dem c't-Utility ctp2info überprüfen, das auf Pentium-4-Systemen das MSR 1A0h im Hexadezimalformat anzeigt. Steht Bit 3 dieses "IA32_MISC_ENABLE MSR" auf "1", so ist der Automatic Thermal Monitor eingeschaltet und überwacht den Prozessor. Die Hexadezimal-Binärwandlung erledigt der Windows-Taschenrechner.

Anders als bisherige AMD-Prozessoren bieten Intel-CPUs seit dem Pentium II noch eine weitere Möglichkeit der Temperaturüberwachung, nämlich eine eingebaute Messdiode. Bei entsprechend ausgestattetem Mainboard lässt sich die aktuelle CPU-Temperatur per Software auslesen. Die meisten Boardhersteller bieten dazu Windows-Software an, es gibt auch freie Tools für Windows und Linux. Mainboard-Entwickler können abhängig vom Temperaturmesswert die Lüfter steuern oder auch den Prozessortakt bremsen – dazu dient das "STPCLCK#"-Signal an Pin C5. Eine solche Temperatursteuerung bieten etwa Fujitsu-Siemens-Mainboards. Hier kann jedoch Anwender entscheiden, ob er lieber ein lauteres System (mehr Lüfterdrehzahl) und die volle Prozessorleistung wünscht oder eine leisere, aber etwas langsamere Einstellung. (ciw)