Wahlprogramme unter der Lupe

Das Bundesverfassungsgericht hat mit 7:1 Stimmen entschieden, dass die Wahl eines neuen Bundestages am 18. September stattfinden kann. Ab morgen werden auf c't aktuell die Wahlprogramme der großen Parteien unter die Lupe genommen.

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Von
  • Detlef Borchers

Das Bundesverfassungsgericht hat mit 7:1 Stimmen entschieden, dass die Wahl eines neuen Bundestages am 18. September stattfinden kann. Bundespräsident Horst Köhler habe mit seiner Entscheidung, den Bundestag aufzulösen, nicht gegen die Verfassung verstoßen. Das Stimmenverhältnis deutet einen Vorbehalt an, weil die schwache "Dokumentation", die Bundeskanzler Schröder für den Präsidenten zusammengestellt hat, das Misstrauensvotum als taktisches Spiel dokumentiert. Doch den 25 Parteien, die von den etwa 60 deutschen Parteien zur Wahl antreten dürfen, ist das gleichgültig, denn die Zeit drängt.

Die kommende Bundestagswahl trägt noch alle Züge einer klassischen politischen Wahl und ist lange nicht der neue Typ von Wahl, den Dana Blankenhorn in einer Variante von Moore's Law kommen sieht. Eine Wahl, bei der nach Blankenhorn die Werte der Technophilen gegen die Werte der Technophoben stehen, in der an die Kandidaten etwas andere Fragen gestellt werden, etwa über öffentliches Wissen, Software-Patente, Datenschutz und die Verfügungsgewalt über die Datennetze.

Dennoch lohnt sich unter diesen Vorzeichen ein Blick auf die aktuellen Wahlprogramme der verschiedenen großen Parteien, die ja nicht nur unter den "Frustrierten" und Überschwemmten im Süden und Osten um Stimmen fischen, sondern auch unter den gut ausgebildeten, hellwachen Lesern eines Magazins für Computertechnik. Daher werden ab morgen in einer Serie auf c't aktuell die Programme der großen Parteien unter die Lupe genommen.

Wir haben die Wahlprogramme der größeren Parteien nach sechs Stichpunkten untersucht und exzerpiert. Sie decken die Felder ab, in denen der Einsatz von Informationstechnologie heute die größten Wirkungen entfaltet. Unter Forschung und Spitzentechnologieförderung finden sich die Aussagen zur Forschung und besonders zur IT-Forschung, die mit dem Jahr 2006 als "Jahr der Informatik" einen eigenen Schwerpunkt hat. Unter den Verbraucherschutz fallen Aussagen zum E-Commerce, aber auch zur Einführung der RFID-Technologie. Der Punkt Geistiges Eigentum ist besonders knifflig. Unter ihn fällt das mögliche Recht auf Privatkopie ebenso wie die Frage der Softwarepatente, die von allen Parteien auf deutscher Ebene abgelehnt, in der europäischen Union aber teilweise zustimmend behandelt werden. Zum Stichwort Innere Sicherheit haben wir Aussagen gesammelt, die direkt die Privatsphäre der Bürger beeinflussen. Wir analysieren, ob die Parteien etwa im Namen der Terror- oder Kriminalitätsbekämpfung die Überwachung der Bürger verstärken wollen.

Medien & Internet fragen danach, was neben dem allgemeinen Bekenntnis zur Wissensgesellschaft in diesem Bereich an Geboten und Verboten geplant ist. Unter Sonstiges finden sich Aussagen zu Themen, die schwer klassifiziert werden können, aber sehr wohl in den Rahmen passen, der von den anderen Kategorien abgesteckt wird. Spötter mögen nun argumentieren, dass diese Exerpte nichts anderes darstellen als die Wichtung der Programme durch den BDI, das liberale Institut, den Bauernverband oder den Wahlkompass von Greenpeace, nur mit anderen Vorzeichen. Dass es den Kandidatenwatch gibt und sogar Bücher wie "Schröder oder Merkel", die die schnelle Wahlhilfe versprechen.

Doch diese Vergleiche kranken daran, dass ihre Stichworte wie Bildung, Bundeswehr und Rente nicht unbedingt das abdecken, was man in Digitalien wissen will. Außerdem kommen sie ohne Verweise aus, wer wann was gesagt oder veröffentlich hat. Denn die Wahlprogramme, die stellenweise etwas unergiebig sind, werden in diesem Blitzwahlkampf von den Äußerungen der Politiker ergänzt, über die online in den verschiedensten Meldungen berichtet wurde.

Die Sammlung soll ein Index und keine Wahlempfehlung sein. Sie will prägnant zusammenfassen, was die Parteien verändern wollen und welche Veränderungen im IT-Bereich damit zusammenhängen können. Der Blickwinkel ist gewissermaßen eine besonders froschige Froschperpektive, wie jene, die das Design der Programme vergleicht. Punkten können in dieser Zusammenstellung sichtlich die beiden Parteien, die sich selbst mit Wikis oder eigenen Diskussionsforen auf das Netz eingelassen haben, also die FDP und das Bündnis 90/Die Grünen. Natürlich steht jeder, der sich mit der Computertechnik befasst, in einem sozialen Kontext, hat vielleicht eine Familie oder zieht Kinder groß und möchte im Alter die Bytes genießen. Antworten auf all diese Fragen finden kundige Leser selbst.

Die Analysen der Wahlprogramme auf c't aktuell:

(Detlef Borchers) / (anw)