Weltraumteleskop James Webb: Distanzrekorde von Galaxien erstmals bestätigt

Die ermittelten Distanzen zu vier besonders frühen Galaxien wurden jetzt auch spektroskopisch bestätigt. Drei davon sind die frühesten bekannten überhaupt.

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Die vier vermessenen Spektren

(Bild: NASA, ESA, CSA, and STScI, M. Zamani (ESA/Webb), L. Hustak (STScI). Science: B. Robertson (UCSC), S. Tacchella (Cambridge), E. Curtis-Lake (Hertfordshire), S. Carniani (Scuola Normale Superiore), and the JADES Collaboration)

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Die Entfernungen zu vier besonders frühen Galaxien, die das Weltraumteleskop James Webb entdeckt hat, wurden jetzt spektroskopisch bestätigt, damit gibt es jetzt gleich drei neue Spitzenreiter. Wie die NASA erläutert, wurden mit dem Instrument NIRSpec Rotverschiebungen von z = 13,2, z = 12,63, z = 11,58 und z = 10,38 ermittelt. Den bisherigen Distanzrekord unter den Galaxien, deren Rotverschiebung spektroskopisch bestätigt wurde, hatte die 2016 entdeckte Galaxie GN-z11 gehalten – mit einem Wert von z = 10,96. JADES-GS-z13-0, der neue Rekordhalter, existierte weniger als 400 Millionen Jahre nach dem Urknall. Zwar müssen die jetzt vorgestellten Rekorde noch überprüft werden, aber es verdichtet sich das Bild, dass Theorien zur Frühzeit des Kosmos überarbeitet werden müssen.

Die jetzt vermeldeten Bestätigungen unterstreichen die Tendenz, dass das neue Weltraumteleskop unerwartet viele Galaxien aus der Frühzeit des Universums findet. Bislang beruhte das Bild aber nur auf der Vermessung der Infrarotstrahlung. Die Auswertung der Spektren stellt nun die erhoffte unabhängige Bestätigung für die ermittelte Rotverschiebung dar. Weil Licht auf dem Weg zu uns durch die Ausdehnung des Raums selbst ins Rote und schließlich Infrarote verschoben wird, ist der so ermittelter Wert auch ein Maß für das Alter eines kosmischen Objekts. Gesucht wird dafür nach dem sogenannten Lyman-Limit, einem auffälligen Sprung im Spektrum, dessen Position das Alter verrät. Alle vier Galaxien wurden auf einer Aufnahme entdeckt.

Mit den jetzt vorgestellten Spektren kann aber nicht nur das Alter ermittelt werden, sondern auch die Zusammensetzung der fernen Galaxien. Die Entstehung von Sternen müsste dort noch einmal 100 Millionen Jahre vorher begonnen haben, erklärt Brant Robertson von der Universität Kalifornien, Santa Cruz. Damit müssten sich die allerersten Sterne 225 Millionen Jahre nach dem Urknall gebildet haben, das sei an der unteren Grenze der bisherigen Schätzungen. Die Funde liegen weit über dem was man sich vor der Inbetriebnahme des Instruments habe erhoffen können, meint Robertson jetzt. Zwei wissenschaftliche Fachartikel zu den Messungen wurden zur Publikation eingereicht, müssen aber noch überprüft werden.

Die Funde der frühen Galaxien durch das Weltraumteleskop James Webb sorgen seit Monaten für Aufregung unter Astronomen und Astronominnen. Immer weiter verdichtet sich der Eindruck, dass es im besonders jungen Universum mehr und größere Galaxien gab, als angenommen. Während die vermeldeten Funde den Bestätigungsprozess durchlaufen, werden verschiedene Erklärungen dafür debattiert. Möglicherweise sehen wir hier Auswirkungen der Dunklen Materie oder die Sternentstehung lief im jungen Universum anders ab als heute, hat der Scientific American zusammengetragen. Vorgeschlagen wurde demnach sogar bereits, dass die Expansionsrate des Universums am Anfang noch größer war als gedacht.

Das Weltraumteleskop James Webb wird von den Weltraumagenturen NASA, ESA und CSA betrieben und wurde am 25. Dezember 2021 gestartet. Nachdem es sich in einer komplexen Prozedur selbst entfaltet hat, ist es einen Monat später am Lagrange-Punkt L2 angekommen. Hier blickt es abgewandt von Sonne, Erde und Mond ins All, sodass deren Wärmestrahlung das Infrarotteleskop nicht stört. Ein riesiger Schutzschirm blockt diese ab. Seitdem es Anfang Juli die wissenschaftliche Arbeit aufgenommen hat, fasziniert die Qualität der Daten nicht nur die Forschungsgemeinde. Aktuell werden die gesammelten Daten noch direkt veröffentlicht, weswegen die Forschung besonders schnell abläuft und Ergebnisse unmittelbar publik gemacht werden.

(mho)