Wework kann Schulden nicht bedienen, Aktie stürzt weiter ab

Gemeinschaftsbüro-Vermieter Wework soll kurz vor einem Insolvenzantrag stehen, sagt das WSJ. Gläubiger gewähren schon die zweite Nachfrist.​

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 33 Kommentare lesen
Wework-Schild vor Bürogebäude

Wework-Immobilie in Vancouver, Kanada

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Dem defizitären Gemeinschaftsbüro-Anbieter Wework geht das Geld aus. Im August hat die Firma gewarnt, dass sie ihre Geschäfte vielleicht nicht wird fortführen können. Anfang Oktober setzte sie ihre Zinszahlungen an Gläubiger aus, die 30 Tage Nachfrist gewährten. Nach deren Ablauf gewährten diese eine weitere Frist, diesmal aber nur für sieben Tage. Das Unternehmen versucht nach eigenen Angaben, seine Verträge zur Anmietung der Immobilien herunterzuhandeln. Doch nun sei bald Ende Gelände, sagt das Wall Street Journal.

Einst von Investoren mit 47 Milliarden US-Dollar bewertet, arbeite Wework jetzt an seinem eigenen Insolvenzantrag. Das hat die Zeitung von Eingeweihten erfahren. Der Antrag nach Kapitel 11 des US-Insolvenzrechtsgesetzes werde zur Einbringung in New Jersey vorbereitet. Er soll Schutz vor Gläubigern verschaffen und eine Reorganisation ermöglichen. Wework bezeichnete diese Informationen als "Spekulation". Das Unternehmen führe "positive Gespräche" mit den wichtigsten Gläubigern und wolle gemeinsam mit diesen "strategische Bemühungen zur Verbesserung unserer Kapitalstruktur" umsetzen.

Angesicht dieser Nachrichten hat sich der Aktienkurs der Firma am Mittwoch bei hohem Handelsvolumen fast halbiert; zum Schluss des Börsenhandels an der New York Stock Exchange (NYSE) war ein Anteil nur noch 1,22 US-Dollar wert. Im Tagesverlauf touchierte das Papier sogar ein neues Rekordtief von 1,05 Dollar.

Dabei hat Wework seine Aktien erst Anfang September im Verhältnis 1 zu 40 reduziert, um einen Rauswurf von der Börse zu vermeiden. Aktien mit Kursen von unter einem Dollar sind an der NYSE nicht willkommen. Ohne diesen Schritt läge der Kurs rechnerisch bei nur noch drei Cent das Stück. Der Höchstkurs der jüngsten 52 Wochen unter Berücksichtigung der 1:40-Reduktion liegt bei 130,8 Dollar, zum Börsengang vor gut zwei Jahren waren es sogar umgerechnet 471,2 Dollar. Der Börsenwert betrug damals etwa neun Milliarden Dollar und schüttete 1,3 Milliarden Dollar in die Firmenkasse.

Ursprünglich wollte die Firma schon im Herbst 2019 an die Börse. Anfang 2019 hatte Softbank Wework-Anteile zugekauft und das Unternehmen dabei mit 47 Milliarden Dollar bewertet. Doch im Herbst musste Firmengründer Adam Neumann wegen dubioser Geschäftspraktiken zurücktreten, und kaum jemand wollte die Aktien kaufen – auch nicht zu einem reduzierten Preis. Der Wework-Börsengang wurde abgesagt; Investor Softbank biss in den sauren Apfel und übernahm 80 Prozent der Wework-Anteile.

Zwei Jahre später fand sich dann doch ein Käufer, nämlich eine SPAC. Das steht für Special Purpose Acquisition Company. So eine Firma wird nur dazu gegründet, Geld von Investoren einzusammeln, dann ohne eigentliche Geschäftstätigkeit an der Börse zu notieren, um schließlich mit einer noch nicht börsennotierten Firma zu verschmelzen. Das war um das Jahr 2020 en vogue; für den übernommenen Betrieb ist das ein schneller und günstigerer Weg an die Börse.

Allerdings haben SPACs nur zwei Jahre Zeit, eine andere Firma zu kaufen, sonst erhalten die Anleger ihr Geld zurück. Dieser Zeitdruck, und der öffentlich bekannte Kassenstand, sind womöglich nicht die idealen Grundlagen für reich machende Investitionen. Die Liste gescheiterter SPAC-Manöver wird immer länger.

Mitte des Jahres betrieb Wework in 39 Ländern insgesamt 777 Gemeinschaftsbüros, davon 229 in den USA. Der operative Cashflow war im ersten Halbjahr mit minus 530 Millionen Dollar deutlich negativ. Den Betrieb in Südafrika hat Wework dieses Jahr verkauft, der Rückzug aus Russland und den Vereinigten Arabischen Emiraten ist bislang eine Ankündigung geblieben.

Die weltweiten Verpflichtungen aus nicht kündbaren Mietverträgen gehen in die Milliarden. Zum Stichtag 30. Juni summierten sich die zukünftigen Mietzinsverpflichtungen Weworks auf 24,8 Milliarden Dollar, davon mehr als eine Milliarde im laufenden Halbjahr. In der Wework-Kasse lagen zum 30. Juni aber nur noch 205 Millionen flüssige Dollar.

In Deutschland gibt es 22 Wework-Standorte – 11 davon liegen in Berlin.

(ds)