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Wi-Fi 7 und 5G Advanced: Qualcomm setzt bei neuen Funkchips auf KI​

Die neuen Funkplattformen FastConnect 7900 und Snapdragon X80 sollen mehr Leistung und stabilere Verbindungen bieten – auch dank integrierter KI.​

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Selbst in Funkchips: Qualcomm setzt im Snapdragon X80 und FastConnect 7900 auf künstliche Intelligenz.

(Bild: Qualcomm)

Lesezeit: 6 Min.
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Dank ChatGPT, Midjourney und anderen Werkzeugen ist künstliche Intelligenz längst im Alltag angekommen. Auf Wunsch erstellt KI ganze Aufsätze, malt Bilder nach Vorgaben oder sucht im Netz nach der passenden Antwort. Künstliche Intelligenz soll aber auch stabilere und schnelle Datenübertragungen im WLAN und Mobilfunknetz ermöglichen. Das zumindest stellt Qualcomm mit den auf dem MWC 2024 vorgestellten Plattformen FastConnect 7900 und Snapdragon X80 in Aussicht.

Die neue FastConnect-Generation umfasst wie auch schon bei den Vorgängern mehrere drahtlose Funkstandards, darunter in erster Linie WLAN und Bluetooth. WLAN unterstützt FastConnect 7900 bis hin zu Wi-Fi 7 beziehungsweise IEEE 802.11be. Stehen 320 MHz Bandbreite entweder über einen einzelnen oder zwei 160 MHz breite Kanäle zur Verfügung, sind Übertragungsraten von bis zu 5,8 Gbit/s möglich (4K QAM). Das setzt allerdings ein 6-GHz-Netz voraus. Ist nur eines im 5-GHz-Bereich vorhanden, sinkt das Tempo im Idealfall auf 4,3 Gbit/s (240 MHz Bandbreite, 4K QAM). Der Ende 2022 angekündigte Vorgänger FastConnect 7800 beherrschte nur IEEE 801.11ac Wave 2.

Die ebenfalls neue KI soll in erster Linie erkennen, ob Latenz oder Energiebedarf eine höhere Priorität benötigen. Erkennt das System, dass die Verzögerung nur nebensächlich ist, reduziert es zugunsten des Energiebedarfs die Leistung. Ferner sollen Verbindungen mehr Stabilität erhalten. Im besten Fall kommt es so zu weniger Verbindungsabbrüchen und konstantere Übertragungsraten. Das soll sich Qualcomm zufolge beim Verbrauch bemerkbar machen: Zusammen mit der Verkleinerung der Strukturbreite von 14 auf 6 nm – Details zum konkreten Verfahren nennt Qualcomm allerdings nicht – soll der Energiebedarf etwa 40 Prozent geringer ausfallen als beim FastConnect 7800.

Künstliche Intelligenz soll im FastConnect 7900 für einen geringeren Energiebedarf und stabilere Verbindungen sorgen.

(Bild: Qualcomm)

Eine weitere Neuerung gegenüber dem Vorgänger ist Ultra-Wideband (UWB), eine gepulste Funkkommunikation mit Pulsabständen im Nanosekunden-Bereich. Das ermöglicht eine präzise Laufzeitmessung und somit unter anderem eine vergleichsweise genaue Positionsbestimmung. Der größte Nachteil: Die Reichweite beträgt selbst im besten Fall nur 15 Meter. Zum Einsatz kommt UWB unter anderem in Trackern wie Apples AirTag oder Samsungs SmartTag+. Auch eine PKW nutzen UWB für die Kommunikation mit dem Fahrzeugschlüssel oder dem Smartphone, um den Schlüssel zu ersetzen. Ein weiteres Szenario ist laut Qualcomm die Navigation in Innenräumen, sofern die Räumlichkeiten mit den entsprechenden UWB-Bojen ausgestattet sind.

Während es bei Bluetooth keine Änderungen gibt und somit unter anderem erneut aptX Lossless und Adaptive verfügbar sind, ist das Zusammenspiel von Snapdragon Sound und Qualcomm XPAN (Expanded Personal Area Network Technology) neu. Unter Snapdragon Sound fasst das Unternehmen mehrere Techniken zusammen, mit denen Musik möglichst verlustfrei und mit geringen Latenzen per Bluetooth übertragen wird. Durch die Kombination mit XPAN soll das künftig auch per WLAN möglich sein. Die wichtigsten Eckdaten sind Raten von 96 bis 192 kHz, ein nicht näher definierter geringer Energiebedarf sowie die Abdeckung großer Flächen.

Auch bei der zweiten neuen Funkplattform, dem Snapdragon X80, gibt es zahlreiche Parallelen gegenüber dem Vorgänger. So bietet schon die Modem-RF-Plattform Snapdragon X75 Übertragungsraten von bis zu 10 Gbit/s im Downstream sowie bis zu 3,5 Gbit/s im Upstream – entsprechend ausgebaute 5G-Netze vorausgesetzt. Auch beim X80 ist der Einsatz in – Stand Februar 2024 – allen weltweit kommerziell genutzten Mobilfunknetzen möglich. In Sub-6-GHz-Netzen können bis zu fünf Frequenzblöcke gekoppelt werden, in mmWave-Netzen bis zu zehn. Beibehalten hat Qualcomm auch den einzelnen Transceiver.

Im Snapdragon X80 integriert Qualcomm erstmals die für Satellitenkommunikation notwendige Technik direkt im Modem-RF-System.

(Bild: Qualcomm)

Bestand der Transceiver bis 2022 im Snapdragon X70 noch aus je einem Chip für Sub-6 und mmWave, setzt Qualcomm seit dem X75 einen Einzelchip ein. Und ebenso wie die vorherige Generation ist auch die neue für 5G Advanced (3GPP Release 18) vorbereitet. Damit sollen die Übertragungsarten abermals höher und vor allem stabiler ausfallen. Verbesserungen soll es den Planungen zufolge auch bei der Standortbestimmung geben. Bestandteil von Release 18 ist aber auch die Einbindung non-terrestrischer Netze (NTN), etwa auf Basis von Satellitenkommunikation. Die dafür benötigte Technik bringt das Snapdragon X80 laut Qualcomm als erstes Modem-RF-System mit, womit es die unternehmenseigene Lösung Snapdragon Satellite ohne zusätzliche Hardware unterstützt.

Von einer anderen Änderung dürften Nutzer nur indirekt etwas bemerken. Gegenüber dem Snapdragon X75 hat Qualcomm die integrierte KI überarbeitet. Der ins Modem-RF-System integrierte Tensor-Beschleuniger soll mehr Leistung als bisher zur Verfügung stellen. Das führe zu weiteren Verbesserungen hinsichtlich der Verbindungsstabilität und -qualität. So nennt Qualcomm unter anderem einen um bis zu 10 Prozent geringeren Energiebedarf in mmWave-Netzen, eine um 30 Prozent genauere Standortbestimmung und einen schnelleren Verbindungsaufbau. Wie auch beim FastConnect 7900 soll die KI erkennen, wie relevant die Latenz bei einer Übertragung ist.

Für beide Plattformen ist der Einsatz in einer ganzen Reihe unterschiedlicher Gerätekategorien möglich. Beim FastConnect 7900 nennt Qualcomm unter anderem Smartphones, Tablets, Notebooks sowie drahtlose AR- und VR-Headsets. Für das Snapdragon X80 kommen PKW-Infotainment-Systeme und industrielle IoT-Szenarien hinzu. Der kommerzielle Start beider Systeme soll in der zweiten Hälfte 2024 erfolgen. Erste damit bestückte Endgeräte dürften somit noch in diesem Quartal vorgestellt werden.

Hinweis: Qualcomm hat die Reisekosten des Autors zum MWC übernommen. (pbe)