Wie Großbritannien seine Atomkraft stark ausbauen will

Die britische Regierung hat einen Plan dafür vorgelegt, wie sie die Atomkraftkapazitäten in den nächsten Jahrzehnten steigern will.

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In Hinkley Point C wird das erste britische EPR gebaut. Hier wird ein Stahlring für ein Reaktorgebäude montiert.

(Bild: EDF)

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Die britische Regierung hat einen Plan veröffentlicht, wie die Stromerzeugung aus Atomkraft von einer momentanen Kapazität von 6 GW bis 2050 auf 24 GW gesteigert werden könnte. Sie strebt laut ihrer Roadmap unter anderem an, dass ab 2030 alle fünf Jahre mit dem Bau von Atomkraftwerken mit einer Leistung von bis zu 7 GW begonnen werden kann. Dafür will die britsche Regierung mit Konsultationen neue Ansätze für die Standortauswahl finden.

Aus der Roadmap geht auch die Absicht der britischen Regierung hervor, zunächst den Bau eines AKW voranzutreiben, das eine Leistung wie das AKW Sizewell oder jenes haben werde, das momentan in Hinkley Point gebaut wird und das einmal 6 Millionen Haushalte mit Strom versorgen soll. Auf die Kostenexplosion und Verspätungen beim Bau der zwei Reaktoren von Hinkley Point C geht die Regierung in der Roadmap nicht direkt ein. Sie schreibt zu dem Thema nur, dass sich der zuständige französische Konzern EDF verstärkt um das Projekt kümmern solle, damit dort noch in diesem Jahrzehnt Strom produziert werden kann.

Atomkraft sei unerlässlich, damit Großbritannien klimaneutral werde, heißt es in der Roadmap. Auch sei es wichtig, von Russland unabhängig zu werden. Deshalb will die britische Regierung 300 Millionen Pfund (knapp 350 Millionen Euro) in eine britische Urananreichungsfabrik investieren. Ab spätestens 2030 will sie von Russland kein Uran und keine Brennstäbe mehr beziehen und zusammen mit internationalen Partnern alternative Lieferketten aufbauen.

Dabei setzt die britische Regierung auf High-Assay Low-Enriched Uranium (HALEU). Momentan sei Russland das einzige Land, das HALEU-Brennstäbe in kommerziell tragfähigem Umfang liefern könne. Deren höheres Anreicherungsniveau werde für die nächsten Reaktorgenerationen aber benötigt.

Ebenfalls bis zum Ende dieses Jahrzehnts soll im Beratungsgremium "Great British Nuclear" eine Entscheidung darüber fallen, in welche Technik für sogenannte Mini-AKW (Small Modular Reactor, SMR) investiert werden soll. Dieser neue AKW-Typ, der bisher noch nirgends gebaut wurde, ist ein Baustein der britischen Atom-Strategie. Neben konventionellen Reaktoren ist in der Roadmap als dritter Baustein von AMR (Advanced Modular Reactors) die Rede.

Momentan sind in Großbritannien neun Reaktoren an fünf Standorten in Betrieb, das letzte neue AKW kam 1995 mit Sizewell B hinzu. Seinerzeit wurden in dem Land 13 GW Strom aus Atomkraft erzeugt. Bereits im April 2022 sprach der damalige Premierminister Boris Johnson davon, die Atomkraftkapazitäten auf 24 GW auszubauen. Auch sollte UK zum "Saudi-Arabien der Windkraft" werden. Mit der aktuellen Roadmap will die britische Regierung der örtlichen Atomindustrie eindeutige Zeichen für die künftige Richtung senden.

(anw)