Wikileaks wirft OpenLeaks-Gründer "Niedertracht" vor

Ein Wikileaks-Anwalt wirft dem OpenLeaks-Gründer Daniel Domscheit-Berg in einem Schreiben vor, Hinweise zur Entschlüsselung vertraulicher Daten gegeben zu haben und damit das Leben Unschuldiger zu gefährden.

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Von
  • Detlef Borchers

Wikileaks-Gründer Julian Assange hat erneut den Rechtsanwalt Johannes Eisenberg mit der Wahrung seiner Interessen beauftragt. In einem Schreiben, das der Nachrichtenagentur dpa vorliegt, wirft Eisenberg dem OpenLeaks-Gründer Daniel Domscheit-Berg "ein gesteigertes Maß an Niedertracht" vor. Er habe Journalisten Hinweise zur Öffnung verschlüsselter Dateien gegeben und gefährde damit das Leben Unschuldiger, schreibt der Berliner Anwalt. Eisenberg war bereits im Februar gegen OpenLeaks und Daniel Domscheit-Berg aktiv geworden, als dieser sein Buch veröffentlichte. Seinerzeit bezichtigte Eisenberg den ehemaligen Wikileaks-Mitstreiter Domscheit-Berg des Diebstahls an den Datenbeständen von Wikileaks.

In seinem Schreiben, in dem keine weiteren rechtlichen Schritte angekündigt werden, bezieht sich Eisenberg auf einen Artikel der Wochenzeitung Der Freitag, in dem ein Datenleck bei Wikileaks näher beschrieben wird. Diese Details sollen Eisenberg zufolge nur veröffentlicht worden sein, um die Reputation von Wikileaks zu schädigen. Außerdem führten die genannten Details dazu, die angeblich befürchteten Gefährdungen Dritter erst herbeizuführen. Nach dem Freitag, der Medienpartner von OpenLeaks ist, hatte zu Wochenbeginn Der Spiegel als Medienpartner von Wikileaks recht detailliert über die Sicherheitslücke berichtet. Dieser Artikel wird von Eisenberg derzeit nicht moniert.

"Aus meiner Sicht ist das Schreiben ein klassisches Ablenkungsmanöver", erklärte Domscheit-Berg gegenüber der dpa. Im Umgang mit den Botschaftsdepeschen habe Wikileaks nun mehrfach Fehler gemacht, zum Teil wegen "des fahrlässigen Handelns von Herrn Assange". Nun seien sie für alle verfügbar. Außerdem seien Teile der Botschaftsdepeschen "durch offizielle Vertreter von WikiLeaks weitergegeben und verkauft" worden, warf Domscheit-Berg der konkurrierenden Enthüllungsplattform vor. Er habe nun "mit einem Journalisten meines Vertrauens" (vom Freitag) über das Problem der öffentlich verfügbaren Originaltexte gesprochen.

Die New York Times berichtet, Wikileaks habe zuletzt auch unredigierte US-Depeschen veröffentlicht und damit Informanten in Gefahr gebracht. Wikileaks hatte zuletzt damit begonnen, zahlreiche weitere Nachrichten aus den verschiedenen US-Botschaftern zu veröffentlichen und auf das Wissen der Vielen zu setzen, diese Depeschen zu analysieren. Diese Veröffentlichungen sollen laut dem Bericht der New York Times auch die Namen "einiger" Personen enthalten, die vertraulich mit US-Botschaftsangehörigen gesprochen hatten, darunter ein UN-Mitarbeiter in Westafrika und ein Menschenrechtsaktivist, der in Kambodscha arbeitet. Die New York Times ist ebenfalls Medienpartner von Wikileaks.

Unterdessen hat ein Unbekannter versucht, via Twitter mit gefälschten Statements die streitenden Parteien zur Räson zu bringen und einen Programmierer aus der Reserve zu locken, der als "Architekt" zunächst bei Wikileaks, jetzt aber bei OpenLeaks für die Softwareentwicklung zuständig ist. Als Motiv für seine Fälschung gab der Unbekannte an, durch den Auftritt von Assange und Domscheit-Berg auf dem Kongress des Chaos Computer Clubs aus einer Depression erlöst worden zu sein, in die er wieder zurückzufallen drohe. Seine Intervention via Twitter, die im Netz einen großen Nachhall erzeugte, sollte dem eigentlichen Projekt der Whistleblower-Hilfe wieder Aufmerksamkeit verschaffen. (vbr)