Wirecard: Angeklagter Bellenhaus auf freiem Fuß

Der geständige Wirecard-Manager Oliver Bellenhaus darf im weiteren Prozess ungesiebte Luft atmen. Seine Untersuchungshaft ist unter Auflagen aufgehoben.​

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Brennendes Wirecard-Logo

(Bild: Plateresca/Shutterstock.com)

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Der ehemalige Wirecard-Manager Oliver Bellenhaus ist nach 1311 Tagen U-Haft wieder frei – unter Auflagen. Er darf Deutschland nicht verlassen, muss sich regelmäßig bei der Polizei melden, und natürlich weiterhin am Wirecard-Prozess teilnehmen. Dort hat er – im Unterschied zu den anderen angeklagten Wirecard-Managern – gestanden und seine Ex-Kollegen schwer belastet. Zudem hat Bellenhaus versucht, den angerichteten Schaden zumindest teilweise wieder gut zu machen.

Daher glaubt das Gericht, dass sowohl die Fluchtgefahr als auch das Risiko, dass Bellenhaus Tatbestände nachträglich zu verschleiern suchen könnte (die sogenannte Verdunkelungsgefahr) soweit gesunken ist, dass die Auflagen ausreichen und Bellenhaus vorerst frei kommen darf. Das berichtet das Handelsblatt. Dienstagnachmittag durfte der Franke das Gefängnis verlassen.

Sollte Bellenhaus zu einer Haftstrafe verurteilt werden, die länger ist als die in Untersuchungshaft verbrachten gut dreieinhalb Jahre, müsste er womöglich wieder einsitzen. Der heute Fünfzigjährige arbeitete ab 2002 für Wirecard. Von 2013 bis 2020 leitete er die Wirecard-Tochter Cardsystems Middle East von Dubai aus.

Wirecard ist im Juni 2020 implodiert, nachdem die Wirtschaftsprüfer von EY keine Hinweise auf 1,9 Milliarden Euro fanden, die in der Bilanz als Guthaben aus Drittpartnergeschäften geführt wurden. Das Unternehmen musste die Luftbuchungen einräumen und Insolvenz anmelden. Im August 2020 wurde das Insolvenzverfahren über Wirecard eröffnet.

Genau über die von Bellenhaus geführte Tochterfirma sollen die erfundenen Umsätze verbucht worden sein, ohne die Wirecard defizitär war, sagt die Anklage. Bellenhaus gibt zu, dass es die Umsätze nicht gegeben habe. Der mitangeklagte österreichische Ex-CEO Markus Braun will davon nicht gewusst haben; womöglich habe sein Landsmann, Chief Operating Officer Jan Marsalek, gemeinsam mit anderen die Milliarden veruntreut. Der in Kenia geborene deutsche Chefbuchhalter Wirecards, Stephan Freiherr von E., hat zwar die Fälschung bestimmter Dokumenten zugegeben, bekennt sich hinsichtlich erfundener Asienumsätze aber nicht für schuldig.

Marsalek ist flüchtig. Am Mittwoch steht in in der Justizvollzugsanstalt München der einhundertste Verhandlungstag im Wirecard-Strafprozess an.


(ds)