Wirecard vergab großzügige Beraterverträge – EY weist Mitverantwortung ab

Im Bundestags-Untersuchungsausschuss zum Wirecard-Bilanzbetrug standen Vermutungen im Raum, das Unternehmen könne sich wohlwollende Haltungen erkauft haben.

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(Bild: Wirecard)

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Wirecard könnte mit sehr gut dotierten Beraterverträgen von einzelnen Personen und Institutionen eine wohlwollende Haltung erkauft haben. Das geht aus Zeugenbefragungen durch den Untersuchungsausschuss des Bundestags zum Bilanzbetrug des inzwischen insolventen Zahlungsdienstleisters am Donnerstag hervor. Ein Vertreter der Beratungsgesellschaft Ernst & Young (EY) wies am Freitag im selben Ausschuss eine Mitverantwortung an dem Skandal zurück.

Jens Zimmermann (SPD) wollte am Donnerstag von Wirecards ehemaligen Leiter der Buchungsabteilung Stephan Freiherr von Erffa wissen, ob er einen Zusammenhang darin sehe, dass EY 2017 zusätzliche Belege verlangt habe, kurz darauf sei bei Wirecard von der Vergabe zusätzlicher Beratungsmandate an EY die Rede gewesen, die mehrere Hunderttausend Euro wert gewesen seien. Von Erffa leugnet eine Verbindung; schon im Normalbetrieb habe EY 2 Millionen bis 3 Millionen Euro für seine Dienste erhalten, sagte von Erffa.

Die EY-Prüfer hatten Wirecards Jahresabschlüssen jahrelang bescheinigt, weitgehend fehlerfrei zu sein. von Erffa befand sich in München in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, an Wirecards groß angelegten Betrug teilgenommen zu haben. Daher musste sich von Erffa vor dem Ausschuss nicht selbst belasten. Orth sagte laut Deutschlandfunk aus, bei Wirecard seien Täter mit hoher krimineller Energie am Werk gewesen, sie hätten auch die Wirtschaftsprüfer getäuscht. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn der Fall früher aufgedeckt worden wäre.

Der Ausschuss interessierte sich am Donnerstag insgesamt für die großzügigen Ausgaben für Berater, deren Verträge von Erffa teils mit unterschrieben hatte. Der ehemalige Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt, Klaus-Dieter Fritsche, habe von Wirecard einen Vertrag für Beratungsdienste erhalten. Fritsche hatte beispielsweise einen Kontakt zum Wirtschaftsberater der Kanzlerin hergestellt, hatte sich in dem Untersuchungsausschuss ergeben.

Erwähnt wurde im Ausschuss demnach auch ein Vertrag mit Burkhard Ley, bis 2017 Wirecard-Finanzchef. Er erhielt nach seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen jährlich 900.000 Euro für gelegentliche Beratung im Zusammenhang mit Firmenübernahmen. Auch einen Dienstwagen und eine Assistentin habe ihm sein ehemaliger Arbeitgeber gestellt. Matthias Hauer aus der CDU/CSU-Fraktion spekulierte, ob diese Entlohnung nicht auch dazu dienen sollte, das ehemalige Vorstandsmitglied "bei Laune zu halten"; Ley könne von den Praktiken des Konzerns gewusst haben.

von Erffa verdeutlichte seine Haltung, es habe zwar Betrug bei Wirecard gegeben, der sei aber nicht systemisch gewesen, sondern nur in Einzelfällen aufgetreten. Die fehlenden Gelder stellte er als Randphänomen dar, das sich gesondert aufklären lasse. von Erffa habe laut seiner Aussage angenommen, Wirecard sei organisatorisch gegen Betrug gut gewappnet gewesen. Von Cansel Kiziltepe (SPD) gefragt, wer an dem Betrug schuld sei, verwies er auf "die Täter".

Zur Sorgfalt der Arbeit von Erffas Buchhaltungsabteilung sagte Thomas Eichelmann, der in den letzten Monaten vor dem Zusammenbruch Aufsichtsratsvorsitzender von Wirecard war: "Mein Eindruck war vorsichtig ausgedrückt mittelmäßig." Es habe Anschuldigungen gegen von Erffa gegeben.

Eichelmann hatte kurz nach seinem Amtsantritt eine Sonderkontrolle durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG veranlasst. Die unabhängigen Prüfer sollten ausschließlich an den Aufsichtsrat berichten; sie fanden eindeutige Belege für groß angelegten Betrug. Diese waren Ausgangspunkt für weitere Ermittlungen.

(anw)