Zahlen, bitte! 804 Meter – der wegweisende Flug des Curtiss-Wasserflugzeugs

Seite 2: Nutzlose Kontaktversuche zu den Wright-Brüdern

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Im Jahr 1906 entstand zudem ein Kontakt zu den Wright-Brüdern: Wurde der Brief mit dem Angebot von Motorlieferungen anfangs noch von den Flugpionieren wohlmeinend aufgenommen, ebbte das Interesse nach einiger Zeit doch ab. Auch ein zweiter Kommunikationsversuch endete vergebens.

Ein anderer interessanter Kontakt entstand allerdings über die Motorradsparte: Das Militär orderte ein Motorrad mit eingebauter Telegrafentechnik. Über diese Bestellung wurden sie auf die Flugzeugentwicklungen aufmerksam, was später die Entwicklung beschleunigen sollte.

Die AEA June Bug während eines Fluges im Jahr 1908

Das erste Curtiss-Flugzeug, die AEA June Bug, absolvierte am 21. Juni 1908 ihren Jungfernflug. Bereits am 4. Juli flog Curtiss damit über 1,6 Kilometer und gewann durch diese Leistung die Scientific American Trophy im Wert von über 25.000 Dollar.
Ein erster Versuch mit einer um Schwimmern erweiterte June Bug von einem Gewässer zu starten misslang zwar, brachte Curtiss aber dazu, sich Grundlagenwissen über Schwimmkörper anzueignen.

Die Wright-Brüder wollten den Sieg von Curtiss nicht auf sich sitzen lassen und verklagten die AEA aufgrund einer angeblichen Patentverletzung. Das beanstandete Querrudersystem unterschied sich jedoch grundlegend von dem Wright-Modell. Weitere Siege und Preise sollten folgen. Nachdem die AEA 1909 aufgelöst wurde, gründete der Flugpionier die Curtiss Aeroplane and Motor Company Incorporated, die neben der Zivilsparte nun auch eine militärischen Ausrichtung besaß.

Am 29. Mai 1910 gewann Curtiss mit einer seiner Maschinen den mit 10.000 US-Dollar dotierten Pulitzer-Preis; freilich nicht für das Handbuch, sondern für den ersten Langstreckenflug von Albany bis New York City in ca 137 Meilen (ca. 220 Kilometer) über Wasser. Das war allerdings noch kein Wasserflugzeug, da auf einer Piste über Land starten und landen musste.
In Zusammenarbeit mit der Navy gelang ihm 1911 in verschiedenen Flügen sowohl der erste Start, als auch die erste Landung auf einem amerikanischen Schiff.

Der erste amerikanische Start eines Flugzeugs von einem Gewässer aus gelang Curtiss am 26. Januar 1911 in North Island, San Diego mit dem Hydroaeroplane. Das klappte mit einem unter dem Rumpf montierten, neu entwickelten einzelnen Schwimmkörper. Dieser war 3,65 m lang, 65 cm breit und 30 cm tief und lieferte den gewünschten Auftrieb auf der Wasseroberfläche, ohne beim Start zu sehr zu bremsen. Zwei schmale Schwimmer waren zudem zur Stabilisierung unterhalb der Flügel angebracht.

Das Hydroaeroplane, mt dem Glenn Curtis am 26. Januar 1911 der Erstflug gelang.

Curtiss berichtete, dass er an jenem Tag gar nicht damit rechnete, dass das Hydroaeroplane ernsthaft abhebt. In seinem Buch "The Curtiss aviation book" erklärt er, dass noch vieles an dem Flugzeug provisorisch war. Er schrieb aber nicht ohne Stolz, dass es jetzt aber ein Wasservogel und kein Landvogel mehr sei.

Die Höhenruder mussten während des Starts jedenfalls richtig eingestellt sein, da der Motor das Flugzeug eher nach unten drückte und der Moment des Abhebens wirkte auf Curtiss wie der einer verängstigten Möwe. Nach einer halben Meile, also etwa 804 Metern landete das Flugzeug wieder auf dem Wasser. Somit war es das erste amerikanische Wasserflugzeug.

Die Navy war von den Leistungen des Erstflugs so angetan, dass sie am 8. Mai 1911 von Curtiss die ersten beiden Navy-Flugzeuge bestellten: Das erste Navy-Flugzeug war die Curtiss A-1 Triad, ein Amphibienflugzeug mit einer Höchstgeschwindigkeit von 96 km/h.

Innerhalb weniger Jahre wurde die Curtiss Aeroplane and Motor Company ein wichtiger Hersteller, insbesondere im Ersten Weltkrieg. 1919 gelang zudem ein neuer historischer Meilenstein: Der Curtiss NC gelang die erste Atlantik-Überquerung via Flugboot in 51 Stunden und 31 Minuten für 6200 Kilometer von New York bis ins britische Plymouth.

Die Wright Aeronautical Corporation der Wright Brüder und die Curtiss Aeroplane and Motor Company fusionierten 1929 zur Curtiss-Wright Corporation. Glenn Curtiss verstarb bereits ein Jahr später im Alter von nur 52 Jahren als vierfacher Vater an einer Blinddarmentzündung.

(mawi)