c't 3003: Ist x86 tot? | Mac Studio vs. Windows-PC im Alltagstest

Dass Apples M1-Prozessoren schnell sind, ist bekannt. Aber sind sie in der Praxis wirklich schneller und effizienter als Windows-Workstations?

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Lesezeit: 14 Min.
Von
  • Jan-Keno Janssen

Der kleinste Mac Studio kostet 2300 Euro, spielt also in der gleichen Preisklasse wie ein sehr gut ausgestatteter Windows-PC mit schneller Grafikkarte. c't 3003 hat beide verglichen und Erstaunliches herausgefunden.


Transkript des Videos:

In diesem Video lasse ich die neuen Mac-Studio-Rechner gegen meinen Windows-Schnitt- und Gamingrechner antreten. Und ich sag das jetzt wirklich ehrlich: Die Resultate haben mich nicht nur überrascht, sondern die bringen mein komplettes Computerprozessor-Leistungs-Weltbild durcheinander. Und ich glaube, dass Intel und AMD ein ganz schönes Problem haben. Und das sage ich als jemand, der seit Jahrzehnten mit Überzeugung Wintel-Rechner nutzt. Bleibt dran.

Liebe Hackerinnen, liebe Internetsurfer, herzlich willkommen hier bei c't 3003!

Das ist er, der Mac Studio. Ist der nicht niedlich? Also im Vergleich zum Mac Mini nicht so, aber wenn man meinen Schnittrechner daneben stellt, dann ist der schon sehr kompakt. Den Mac Studio gibt es in mehreren Leistungsstufen, die günstigste Version kostet 2300 Euro und hat ein M1-Max-SoC mit 10-Kern-CPU und 24-Kern-GPU, 32 GByte Unified-RAM – also den teilen sich CPU und Grafikeinheit und 512 GByte SSD. Die teuerste Version kostet flotte 9200 Euro und hat dann einen M1-Ultra, das sind quasi zwei zusammengebackene M1-Max, und das ergibt dann eine 20-Kern-CPU, 64-Kern-GPU, 128 GB Unified RAM und 8 TB SSD. Wir hatten sowohl die Variante mit M1-Max als auch M1-Ultra-Version im 3003-Testlabor. Unsere M1-Max-Version ist die größere der beiden Max-Versionen, die 32 statt 24 GPU-Kerne hat, das kostet dann noch mal 230 Euro Aufpreis. Die Ultra-Version, die wir getestet haben, war die größte mit 64 Grafikkernen.

Von außen unterscheiden sich die beiden übrigens null, aber beim Hochheben merkt man's deutlich: Der Mac Studio mit M1 Ultra ist unter anderem wegen seines Kühlkörpers aus Kupfer statt aus Aluminium viel schwerer. Aufrüstbar sind beide Rechner übrigens nicht, was ein bisschen ärgerlich ist: Für den Sprung von 512 Gigabyte SSD auf 4 Terabyte kassiert Apple 1380 Euro, obwohl eine sehr gute 2-Terabyte-m.2 nur 200 Euro kostet. Aber: Auch wenn zwei mechanisch mit dem m.2-Standard-kompatible Slots im Mac Studio vorhanden, kann man da keine m.2 reinstecken. Also kann man schon, aber die laufen dann nicht.

Kurz noch mal zu den Prozessoren: Apple hat ja seit 2020 keine neuen Rechner mehr mit Intel-CPU vorgestellt, sondern baut eigene Chips unter dem Namen Apple Silicon. (Kurzer Streber-Hinweis: Silicon ist auf Deutsch übrigens Silizium und nicht Silikon). Jo, M1 heißt die erste Chip-Familie von Apple Silicon, und die arbeitet mit der ARM-Prozessorarchitektur. Die Windows-Welt setzt seit vielen Jahren auf x86. Jahrelang waren die beiden Architekturen hübsch getrennt: Computer, also Desktops und Notebooks, egal ob Windows, Linux oder macOS liefen mit x86, Smartphones und Tablets (und etliche andere "kleinere" Produktkategorien) nutzten ARM. Tja, das hat sich nun grundlegend geändert, seit Apple ARM in alles reinsteckt.

In diesem Video werde ich mich auf die günstigere Variante des Mac Studio konzentrieren, also die mit M1 Max und die werde ich gegen meinen Schnitt- und Gaming-Rechner antreten lassen – oder wie ich lieber supercool sage MEINE WORKSTATION, die Eckdaten sind: AMD Ryzen 7 3700X 8-Kern-CPU mit 32 GByte RAM und eine GeForce RTX2070 Super-Grafikkarte mit 8 GByte Speicher.

Dabei handelt es sich um den PC, den ich vor zwei Jahren vor der c't-uplink-Kamera zusammengebastelt hab, auf Basis des optimalen PCs des c't Magazins. Würde man die Komponenten heute kaufen, würde das Teil ungefähr 1500 Euro kosten, vor zwei Jahren waren das natürlich noch mehr.

Jetzt ist die große Frage, hä, warum nehmt ihr denn ausgerechnet diesen Rechner, das ist ja ungerecht, der ist ja billiger als der Apple-Rechner. Ja, das stimmt, aber das ist halt die Maschine, die ich am besten kenne, auf der ich viele c't-3003-Videos geschnitten habe, da interessierte mich einfach der Vergleich, auch weil bei vielen Apple-Tests immer nur mit anderen Apple-Rechnern verglichen wird, nicht mit Windows-Computern– und ganz ehrlich, weil ich auch in meiner Arroganz dachte: Damit blase ich diese kleine Apple-Kiste doch locker weg.

Ja, gut. Das lief dann doch ... anders.

Für den Test haben wir aus echten c't-3003-Videos einen 4K-Renderingbenchmark zusammengebastelt; und zwar ist das zweimal das identische Videoprojekt in Adobe Premiere Pro und DaVince Resolve. Wir haben unterschiedliche Videoquellen verwendet, außerdem ein paar Berechnungen wie Bilddrehungen und – tja und dann haben wir einfach die Zeit gestoppt, wie lange das Ding rendert auf unterschiedlichen Rechnern. Apple wirbt ja bei den Mac Studios mit so Sachen wie dass man 19 8K-ProRes-Videostreams gleichzeitig wiedergeben kann; ja, ok, schön, aber macht das wirklich jemand? Wir auf alle Fälle nicht, und deshalb ist unser Test-Videoprojekt deutlich einfacher und unserer Meinung nach auch praxisgerechter: Statt ProRes ist das einfach ein H.264-Export, so wie wir die Videos auch für YouTube ausgeben.

So, und jetzt hier mal die Ergebnisse. Mein Windows-Schnittrechner rendert das Projekt in Adobe Premiere in 2:17 Minuten. Da war ich ganz schön stolz drauf, weil zum Beispiel das 2018er MacBook-Pro mit i5-Quadcore dafür fast 20 Minuten braucht. Tja. Und dann habe ich den Mac Studio mal laufen lassen: 1:40 Minuten. What? 27 Prozent schneller als meine geile Windows-Workstation?

Aber jetzt wird es richtig interessant: Beim Rendern haben wir uns auf den Rechnern auch die Leistungsaufnahme angeschaut. Der Mac Studio mit M1 Max zieht während des Renderns durchschnittlich 48,5 Watt aus der Steckdose, mein Windows-Rechner. FUCKING 250 WATT. Ja, die Werte stimmen, die kommen aus einem kalibrierten Messgerät.

So, und jetzt ziehen wir von unseren Watt-Messwerten noch die Leistungsaufnahme im Leerlauf ab: Das sind beim Mac Studio M1 Max zahme 10,3 Watt und bei meinem Schnittrechner heftige 59 Watt. Wenn wir das Ergebnis mit der zum Rendern benötigten Zeit in Sekunden multiplizieren, kriegen wir die Energie in Joule beziehungsweise die Wattsekunden: 3858 Joule beim Mac, 26167 Joule beim WIndows-PC. Das ist einfach MEHR. ALS SECHS. MAL SO. VIEL

Ihr sagt jetzt, jaaa, ok, das ist jetzt Premiere, das ist ja nur ein einzelnes Schnittprogramm. Nee, bei DaVinci kommt fast genau das gleiche raus.

Bei einem anderen Benchmark, nämlich Geekbench 5, wird es nochmal richtig brutal: Mein PC erreicht eine um 40% schlechtere Punktzahl als der Mac Studio, zieht aber fünf Mal so viel Energie aus der Steckdose.

Die beiden Mac Studios haben uns übrigens die Kollegen aus unserem Schwester-Magazin Mac&i zur Verfügung gestellt.

Übrigens: Weil der Vergleich meines schon älteren Windows-PC mit dem brandneuen Mac Studio ja nicht ganz fair ist, haben wir uns auch einen ganz aktuellen Alder-Lake-Intel Core i5-12600K angeschaut. Der zieht im Idle nur 17 Watt, das ist auf alle Fälle deutlich besser als meine AMD-Workstation. ABER: Bei Geekbench erzielt er ebenfalls weniger Punkte als der kleine Mac Studio; verbrennt aber dabei viermal so viel Watt. Der eklatante Unterschied zwischen x86 und ARM-M1ern besteht also auch bei aktuellen Geräten.

So, wir haben uns ja jetzt vor allem CPU-lastiges Zeugs angeschaut (auch wenn beim Videorendern immer auch die GPU-Beschleunigung aktiv war). Aber wir haben auch Sachen probiert, die zum allergrößten Teil auf den Grafikeinheiten lief.

Nehmen wir mal: Blender, die tolle Open-Source-3D-Grafiksoftware. Ah, da zeigt sich jetzt, was der Mac Studio nicht so gut kann wie der Windows-PC, nämlich Grafikberechnung. Das sieht man auch bei Spielen, auch wenn das wirklich sehr schwierig zu vergleichen ist, denn es gibt kaum aktuelle Spiele für macOS; und noch weniger, die nativ auf dem M1 laufen. Zu den wenigen einigermaßen grafikintensiven und modernen Spielen für macOS gehört Shadow of the Tomb Raider, das läuft aber nicht nativ, sondern über die x86-Emulationsschicht Rosetta 2. Der ins Spiel integrierte Benchmark erzielt auf dem Mac Studio 65 Frames in der Sekunde, bei meinem Windows-PC sind es bei gleichen Einstellungen 94 fps. Das ist deutlich mehr, aber man kann jetzt auch nicht sagen, dass der Mac Studio komplett abkackt – 65 Frames in ultrahohen Details ist durchaus ok, vor allem wenn man bedenkt, dass Spiel nicht nativ läuft, sondern über Rosetta. Da ist also durchaus Gaming-Potenzial vorhanden, vor allem im Vergleich zu den früher verwendeten integrierten Intel-Iris-GPUs. Interessant übrigens: Der Mac Studio mit M1 Ultra, das sind zwei kombinierte M1-SoCs, erzielt im Tomb Raider-Benchmark zwar mehr fps als mein Windows-PC – zeigt dafür aber Miniruckler beim Spielen; das ist ein altes Phänomen, was auch bei Dual-GPU-Systemen unter Windows auftrat.

Die Mac Studios sind wirklich richtig gute Arbeitspferde, gerade wenn ihr sowas wie Videoschnitt machen wollt. Die Teile blasen die Mac Pros auf x86-Basis in vielen Anwendungsbereichen klar weg, obwohl die deutlich teurer sind (und die Apple komischerweise immer noch verkauft). Die Mac Studios verbrauchen viel weniger Strom als x86-PCs und bleiben beeindruckend leise. Ja, und auch für fast alle anderen Anwendungen eignen sie sich super – außer Spiele halt, aber das liegt nicht primär an der Hardware, sondern an der nicht vorhandenen Software.

Wenn ihr jetzt denkt: Ja, ok, Mac Studio ist schnell beim Videorendern und verbraucht wenig Strom, was juckt mich das, ich interessiere mich nicht für Videoschnitt, außerdem nutze ich Windows.

Ich sag euch: Das betrifft euch auch. Denn die Effizienz der M1-SoCs ist einfach soooo viel besser als bei x86-CPUs, da muss was passieren und da wird sehr sicher auch was passieren. Demnächst geht zum Beispiel der Exklusivdeal zwischen Qualcomm und Microsoft zu Ende, ab dann dürfen auch andere Hersteller ARM-Rechner mit Windows verkaufen. Ja, Windows läuft schon seit Jahren auf ARM, und das sehr gut; hab ich neulich selbst ausprobiert und zwar auf dem schon ziemlich alten Smartphone (!) OnePlus 6T: Auf dem Android-Handy, dass man für 150 Euro gebraucht kriegt, lief Windows 11 besser als auf meinem erst drei Jahre altem x86-Dualcore-Notebook.

Was die reine CPU-Power angeht, ist x86 definitiv nicht mehr überlegen. Hier, schaut euch mal die CPUs mit den besten Geekbench-Ergebnissen an, da liegt der M1 Ultra nur einen Platz hinter dem sauteuren 64-Kern-Prozessor AMD Threadripper 3990X.

Und während die M1-CPUs superschnell rechnen, ziehen sie deutlich weniger aus der Steckdose als x86-Chips. Und auch, wenn viele Leute sich gar nicht für den Stromverbrauch interessieren: Das ist doch einfach kein gutes Gefühl, wenn euer Arbeitsgerät 300 Watt wegballert, oder? Außerdem müssen die ganzen Watt auch weggekühlt werden, was ja auch noch ein Faktor ist. Der Mac Studio bleibt fast immer unhörbar, das Lauteste, was wir in unserem Schallmessraum ermittelt haben, waren 0,2 Sone – ein aktueller Gaming-PC mit schneller Grafikkarte kommt bei Last locker auf 1,5 Sone, was schon ganz schön nervt. Und nicht zu vergessen: Bei Notebooks ist der Stromverbrauch natürlich superwichtig, und da delivern die Macbooks M1 auch einfach richtig gut.

Mit High-End-Grafikkarten können die M1-Chips allerdings noch nicht mithalten. Aber gerade wegen der exorbitant besseren Effizienz werden wir zukünftig in der Windows-Welt mehr ARM-Rechner sehen, da bin ich mir ziemlich sicher. Bei Gaming-PCs bleibt der Standard erstmal X86-CPU plus Grafikkarte – aber auch das ist nicht in Stein gemeißelt, denn dass ARM-SoCs durchaus auch Spiele können, zeigen ja die Shadow-of-the-Tomb-Raider-Benchmarks der Mac Studios.

Bei Diskussionen über ARM vs x86, geht es nach meinen Erfahrungen oft ganz schön emotional zu. Aber eigentlich ist das Quatsch: Die aufstrebenden ARM-SoCs bringen jetzt mal Leben in die Bude und sorgen dafür, dass Intel und AMD nicht mehr nur gegen die jeweils andere Firma antreten muss, sondern jetzt mal zeigen müssen, warum x86 eben doch eine Daseinsberechtigung hat; davon profitieren am Ende alle; und auch der Planet, wenn die Leistungsaufnahme hoffentlich bei allen Rechnern runtergeht. Die nächsten Jahre werden auf jeden Fall interessant.

[Update]
Anders als ursprünglich beschrieben handelt es sich bei den SSD-Slots in den Mac Studios nicht um "echte" m.2-Slots: m.2-SSDs passen zwar mechanisch, Apple hält sich allerdings nicht an die in der m.2-Norm spezifizierten Übertragungsprotokolle.


c't 3003 ist der YouTube-Channel von c't. Die Videos auf c’t 3003 sind eigenständige Inhalte und unabhängig von den Artikeln im c’t magazin. Redakteur Jan-Keno Janssen und die Video-Producer Johannes Börnsen und Şahin Erengil veröffentlichen jede Woche ein Video.

(jkj)