c't 3003: Wie bestechlich sind wir? | So funktioniert YouTube

Wie finanziert man einen YouTube-Kanal? c't 3003 zeigt Zahlen.

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Lesezeit: 13 Min.
Von
  • Jan-Keno Janssen

Auf YouTube gibt's viel Influencer-Werbung, aber auch seriösen Journalismus. Wie lässt sich das finanzieren? Wie viel zahlt YouTube für Werbeeinblendungen? Was gibt es für andere Möglichkeiten, einen Channel zu finanzieren? Zur Feier des 100. c't-3003-Videos (oder genau genommen des 103.) gibt es hier einen Blick hinter die Kulissen.

(Hinweis: Es handelt sich hier um einen Bonusinhalt für Menschen, die das Video oben nicht schauen können oder wollen. Die Informationen auf der Bildspur gibt das Transkript nicht wieder.)

Wisst ihr, was mich richtig nervt? Wenn ich ein Video oder einen Artikel mache, in dem irgendwas Positives über ein Produkt von Hersteller XY gesagt wird – und dann jemand kommentiert: "Na, wie viel hat XY dir gezahlt?" Aber ich dachte dann auch: Statt mich nur über solche komplett absurden Vorwürfe aufzuregen, vielleicht muss ich wirklich mal ganz transparent erklären, wie wir hier Geld verdienen. Wie das ganz allgemein im Tech-Journalismus funktioniert. Und vor allem hier auf YouTube. Und ganz konkret bei c’t 3003. Ich sag auch wirklich so richtig Zahlen, so richtig transparent. Und wenn ich schon dabei bin, beantworte ich auch die Frage, die mir echt ständig gestellt wird: Wie das mit den Testgeräten funktioniert. Bleibt dran.

Liebe Hackerinnen, liebe Internetsurfer, herzlich willkommen hier bei…

Das hier ist übrigens unser 100. Video bei c’t 3003 (oder genau genommen das 103.) – und da haben wir uns gedacht, wir machen hier mal ein bisschen Innenansicht. Übrigens komplett ohne Werbung, ohne Sponsor, wir verdienen keinen Cent an diesem Video – YouTube sollte euch keinerlei Werbezeugs anzeigen. Das kann man als YouTuber nämlich an- und ausschalten, man kann sogar genau festlegen, ob es Werbung vor dem Video, danach oder mittendrin geben soll; und ob die überspringbar sein soll und so weiter und so weiter.

Allerdings nicht, was das für Werbung ist, also von welchen Unternehmen die kommt. Und viele Leute denken ja, dass diese von YouTube ausgespielte Werbung die Haupteinnahmequelle für YouTuber ist. Ich kann hier nur für diesen Channel hier sprechen und ganz klar sagen: Von dem Geld könnte ich nicht mal meine Miete bezahlen. Und ich mach den Channel ja auch nicht alleine: Das sind Sahin und Pascal, die machen das Visuelle und schneiden, das ist Lukas, der ist Redakteur, das ist Hannah, die macht das Organisatorische, das sind Mandy, Steffi von Sales… Und dann ist da ja noch die ganz c’t-Redaktion.

Schaut mal hier, dieses Video ist von YouTube monetarisiert und hat seit der Veröffentlichung Anfang Juni 2022, also in ungefähr 10 Monaten, 250,21 Euro eingespielt. Im ersten Monat nach dem Upload hat es sogar nur 109,74 Euro generiert. Mit 70.000 Abrufen insgesamt ist das sicherlich nicht unser erfolgreichste Video hier, aber auch nicht das schlechteste – so im Mittelfeld liegt das. Ein erfolgreiches Video ist das hier mit Batocera-Linux – das hat 265.000 Aufrufe. Tja, und das hat aber auch nur 548,32 Euro seit Veröffentlichung eingebracht. (Achso, und die Einnahmen von YouTube Premium gibt YouTube auch weiter – das sind bei uns zurzeit exakt 19 Euro im Monat. LOL.)

Also: Nehmen wir mal an, jedes unserer vier Videos im Monat würde 'ne Viertelmillion Aufrufe kriegen (was wir zurzeit noch lange nicht schaffen und für deutschsprachiges TechYouTube richtig gut wäre): Dann würden (nach aktuellem Stand) pro Video 550 Euro über YouTube-Werbung reinkommen. Da wären wir also im Monat bei 2200 Euro. Aber darauf sind noch Steuern zu zahlen. Ihr merkt schon: Wenn man sich finanziell nur auf YouTube verlässt, ja, davon können nur Riesen-YouTube-Kanäle leben, mit Millionen Views.

Euer kleiner freundlicher Nachbarschafts-YouTube-Channel c’t 3003 muss sich da anders behelfen. Wir machen bislang noch kein Merchandising (obwohl wir da ja schon Bock drauf hätten, hättet ihr Interesse an T-Shirts? Socken? Jacken? (Ich verkaufe diese modischen Lederjacken), und ja, Affiliate-Links machen wir auch nicht so wahnsinnig viel – das sind Links auf Online-Händlern, wo wir einen kleinen Anteil von den Erlösen bekommen.

Nee, wer uns uns schonmal mal geguckt hat, weiß: Wir bieten Sponsorings an, also konkret nach der Begrüßung gibt’s einen meist 30-sekündigen Werbeblock. „Native“ heißt das in der Fachsprache, also nativ, weil einer der Menschen, die auch im eigentlichen Videos zu sehen sind, die Werbung einsprechen. Also in unserem Fall, ich. Ja, und für so eine 30-Sekunden-Einbindung nehmen wir laut Preisliste zurzeit 4500 Euro, das ist kein Geheimnis, das PDF findet man auf mediadaten.heise.de.

Oft kriegen die Kunden Rabatt, weil sie zum Beispiel noch irgendwas anderes im heise-Universum buchen, vielleicht 'ne c’t-Printanzeige. Aber trotzdem merkt ihr schon: Das ist DEUTLICH mehr als wir von YouTube bekommen, wenn wir das von denen monetarisieren lassen. Und außerdem hat das unserer Meinung nach für euch Vorteile: Ihr habt dann nur den einen 30-Sekunden Block im Video, und normalerweise keine Werbung davor oder danach und auch keine Textwerbung. Denn: Wenn man sich für ein YouTube-Video selbst einen Sponsor besorgt hat, muss man das beim Hochladen angeben und dann blendet YouTube beim Abspielen auch ein: „Enthält bezahlte Werbung“. Dafür verzichtet YouTube dann drauf, eigenes Werbezeugs einzubauen – also in der Regel, laut unserer Stichproben. Wenn wir allerdings keinen Sponsoren finden für ein Video, lassen wir YouTube monetarisieren.

Und mit "wir", meine ich nicht mich, das finde ich ziemlich wichtig. Ich suche keine Sponsoren, und hab normalerweise auch nichts mit denen zu tun. Das macht unsere Sales-Abteilung. Natürlich reden die manchmal mit mir, aber die Regel gilt: die Anzeigen-Abteilung unabhängig von der Redaktion. Also die sagen mir Anfang der Woche einfach, was wir für einen Sponsor fürs 3003-Video haben, schicken mir ein Briefing und das war’s. Ich kenne auch nicht die genauen Konditionen, die die mit den Kunden ausgehandelt wurden, die Kunden kennen nicht den Inhalt des Videos und ich bin auch nicht am Umsatz beteiligt. Ich kriege mein festes Redakteursgehalt, und das war’s. (Bin ich womöglich der einzige nach Tarif bezahlte YouTuber?)

Das alles finde ich als Journalist auf jeden Fall am saubersten. Und klar ist das eine Gratwanderung – da ich die Werbung präsentiere, würden mich einige Leute sicherlich als Influencer bezeichnen. Das ist mir klar. Aber ich habe für mich einige Regeln aufgestellt: Ich beschreibe die Produkte, für die wir Werbung machen, sachlich, sage aber keine Dinge wie: „Ich benutze das Produkt selbst“ – und zwar auch nicht, wenn ich das Produkt in der Realität selbst benutze. Außerdem ist wie gesagt mein Gehalt abgekoppelt von den Sponsoring-Erlösen. Und, ganz wichtig: Wenn wir unseren 30-Sekunde-Werbeblock haben, steht da oben „WERBUNG“. Und wenn da oben Werbung steht, ja, dann ist das, was ich sage Werbung. Wenn da nicht Werbung steht, dann ist das, was ich sage, niemals Werbung. Also niemand hat dafür bezahlt, dass ich sage, was ich sage.

Und, nein, noch vor ein paar Jahren hätte ich mir nicht vorstellen können, als seriöser, echter Journalist in irgendeiner Form Werbung in den Mund zu nehmen. Aber die Welt hat sich halt weitergedreht. Die alten Erlösmodelle in den Medien, also zum Beispiel Printanzeigen, ja, könnt ihr euch denken, wie das weitergeht. Das hat viele Jahrzehnte richtig gut funktioniert, also bei c’t arbeiten über 50 Redakteure. Aber die Auflage der Print-c’t sinkt. Und ich bin glaube ich kein Pessimist, wenn ich sage, dass die auch weiter sinken wird – immer weniger Leute geben Geld für Papier aus. Dafür gucken mehr Leute Videos – und da muss man sich überlegen, wie man die finanziert bekommt. Das geht ja nun nicht mit Print-Anzeigen. Und klar, man könnte unsere 3003-Videos hinter eine Paywall werfen, also zum Beispiel bei heise+. Aber: Dann würden wir nicht von den Empfehlungs-Algorithmen bei YouTube hier profitieren; die uns ja ermöglichen, dass unsere Videos auch Leute sehen, die vorher noch nie mit c’t oder mit heise online zu tun gehabt haben. Und vielleicht denken die: Och, das ist ja ganz nice, was die da machen bei c’t. Und kaufen sich vielleicht ein heise+-Abo.

Apropos c’t: Das c’t Magazin gibt es ja inzwischen seit 40 Jahren, worauf ich auch irgendwie ein bisschen stolz bin, auch wenn ich selbst erst seit 15 Jahren dabei bin. Und klar ist c’t im Jahr 2023 anders als c’t im Jahr 1983 – was immer wieder Leute kritisieren, dass wir uns verändert haben. Aber der Kern von c’t: Kompromisslose Nerdigkeit und ein wirklich kritischer Blick auf die Tech-Welt, das ist heute immer noch so wie vor 40 Jahren. Auch hier bei c’t 3003.

Achja, und ich hatte ja am Anfang die Frage nach den Testgeräten erwähnt: Nein, natürlich behalte ich Testgeräte nicht. Schon alleine deshalb, weil die Hersteller uns Testgeräte in den meisten Fällen nur ausleihen; und wir die dann nach dem Test wieder zurückschicken. Manchmal behalten wir Sachen in der Redaktion, zum Beispiel für Benchmarks, also zum Vergleichen mit späteren Produkten. Aber das Zeug geht natürlich nicht in meinen Privatbesitz über. Und auch was Geschenke angeht, gibt’s bei uns Regeln: Wenn Hersteller uns beispielsweise zu Weihnachten irgendwas zuschicken, dann geht das in die c’t-Weihnachtsverlosung – sodass das Geschenk am Ende nicht die eigentlichen Adressaten bekommen, sondern halt irgendjemand anders. Eine weitere Regel ist: Wenn uns Unternehmen einladen und die Reisekosten übernehmen, dann wird das in Artikel oder Video erwähnt. Und wenn ihr jetzt sagt: Jaaa, aber wenn ihr so unbestechlich sein wollt, dann könntet ihr doch auch einfach gar nix annehmen?

Ehrlich gesagt, habe ich mir das bei Testgeräten schon oft gedacht, dass das eigentlich toll wäre, sich komplett unabhängig von den Herstellern zu machen und alles einfach selbst zu kaufen, anstatt Leihgeräte anzufordern. Weil ihr euch ja auch vorstellen könnt, dass zumindest einige Hersteller versuchen, über die Testgeräte Druck auszuüben. Sprich: Wer nett ist, kriegt das Testgerät auf jeden Fall frühzeitig. Wer nicht so nett ist, sprich kritisch, kriegts vielleicht erst später. ABER: Die Erfahrung zeigt, dass im Tech-Journalismus ein frühes Preview oder Hands-on viel mehr Aufmerksamkeit bekommt, als ein aufwendiger Test, der zu einem späteren Zeitpunkt erscheint. Ein gutes Beispiel ist die Playstation VR2: Sony hatte uns nach London eingeladen, um Monate vor Veröffentlichung das Teil für einen Tag probezuspielen: Das Video dazu hat über 229.000 Aufrufe. Der eigentliche Test, für den wir die PSVR2 viel intensiver und länger getestet haben als bei der Vorschau-Veranstaltung hat weniger als ein Viertel der Aufrufe. Und klar, es ist natürlich für euch das draußen super, wenn ihr von uns schon vor Verkaufsstart eine Einschätzung bekommt. Wir überlegen uns das mal weiter, wie wir das machen mit den Testgeräten.

Ihr merkt: Ist alles nicht so einfach. Ihr könnt mir aber wirklich glauben, dass ich diese Videos hier immer für euch da draußen machen werde; und nicht für die Hersteller oder die Sponsoren. Aber ohne Sponsoren, wäre dieser Channel zurzeit nicht möglich, das muss man einfach so sagen. Was meint ihr dazu? Stört euch die Werbung? Wären euch Videos hinter der heise+-Paywall, aber dafür ohne Werbung lieber? Gerne in die Kommentare schreiben. Und gerne Abonnieren! Und gerne Daumen drücken, dass c’t 3003 auch so alt wird wie c’t! Oder noch älter. Tschüss!


c't 3003 ist der YouTube-Channel von c't. Die Videos auf c’t 3003 sind eigenständige Inhalte und unabhängig von den Artikeln im c’t Magazin. Die Redakteure Jan-Keno Janssen und Lukas Rumpler sowie die Video-Producer Şahin Erengil und Pascal Schewe veröffentlichen jede Woche ein Video.

(jkj)