eBay muss wiederholten Identitätsdiebstahl verhindern

Laut dem Berufungsurteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (OLG) muss eBay Maßnahmen gegen das Einrichten von Fake-Accounts mit Indentitätsdaten von Kunden ergreifen, die bereits einen solchen Missbrauch gemeldet haben.

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Am 16. November hat das Brandenburgische OLG in einer jetzt bekannt gewordenen Entscheidung (Az. 4 U 5/05) die Berufung der eBay International AG gegen ein Urteil des Potsdamer Amtsgerichts (AG) zurückgewiesen. Dabei ging es um die Verpflichtung der Marktplatzbetreiber, Maßnahmen gegen Identitätsklau zu treffen. Damit konnte eBay seine Rechtsauffassung, nach der das übliche Verfahren bei der Anmeldung neuer eBay-Accounts bereits ausreichende Sicherheit vor Missbrauch biete, auch in der zweiten Instanz nicht durchsetzen.

Das Urteil in der Berufungsinstanz bildet den vorläufigen Abschluss eines weiteren, wenn auch möglicherweise noch nicht des letzten Kapitels einer Geschichte, die nun bereits über zwei Jahre läuft. Sie begann Mitte November 2003 damit, dass ein eBay-Teilnehmer feststellte, dass unter seinem Namen, aber mit einem fremden Account Pullover auf der Online-Handelsplattform feilgeboten und Kunden mit mangelhafter Ware oder gänzlichem Ausbleiben von Lieferungen über den Tisch gezogen wurden. Weitere Fake-Accounts mit seinem Namen tauchten auf und sorgten für Ärger.

Der Inhaber der missbrauchten Daten sah seine Namensrechte sowie seine allgemeinen Persönlichkeitsrechte durch den Accountmissbrauch verletzt und machte die mangelnde Identitätsüberprüfung bei der Einrichtung neuer eBay-Accounts für die bereits mehrfach in den Medien gemeldete Form des Online-Auktionsbetrugs mit Fake-Accounts mitverantwortlich. Er wollte sicher gehen, dass seine Namensdaten künftig nicht mehr für Accountfälschungen missbraucht werden könnten, und forderte eBay daher auf, Maßnahmen zu treffen, die mögliche Wiederholungen unterbinden sollten.

Mit einer Abmahnung vom Januar 2004 forderte der eBay-Nutzer die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Die Plattformbetreiber wiesen das jedoch von sich, woraufhin er beim AG Potsdam im Februar 2004 eine einstweilige Verfügung gegen eBay erwirkte, die dasselbe Gericht im Dezember des letzten Jahres mit einem Urteil im Hauptsacheverfahren (Az. 22 C 225/04) bestätigte. Inzwischen hatte wieder jemand – diesmal allerdings erfolglos – versucht, einen eBay-Account auf die Daten des Klägers hin zu eröffnen. Die Berufung der Plattformbetreiber gegen das AG-Urteil führte nun nach fast einem weiteren Jahr zum zweitinstanzlichen Verfahren vor dem OLG.

Dass der letzte bekannt gewordene Versuch des Identitätsdiebstahls gescheitert sei, zeige doch, dass die ergriffenen Maßnahmen zur Missbrauchsverhinderung effektiv seien – das meinte zumindest eBay. Allerdings stellte sich heraus, dass dieser Versuch im Auftrag des eBay-Rechtsanwalts, wenn auch angeblich ohne Wissen der Plattformbetreiber, unternommen worden war.

Immerhin habe man über das inzwischen installierte Double-Opt-in-Bestätigungsverfahren hinaus noch weitere Schutzvorkehrungen ergriffen, betonten die Plattformbetreiber. Diese Maßnahmen könne man allerdings aus Sicherheitsgründen nicht im Einzelnen offenlegen. Im übrigen sei § 11 des Teledienstegesetzes neuer Fassung (TDG n.F.) anzuwenden, der sicherstelle, dass es für Betreiber von Telediensten keine vorbeugenden Prüfpflichten gebe. Dieses gern bemühte Haftungsprivileg befreit etwa Provider von der Verantwortung für fremde rechtswidrige Informationen, die sie unwissentlich speichern und verfügbar machen.

Das Berufungsgericht erklärte jedoch, diese Regelung beziehe sich entsprechend dem "Rolex"-Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) nicht auf Unterlassungsansprüche und sei daher auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Vielmehr müsse die Haftung des Diensteanbieters sich hier entsprechend § 8 Abs. 1 TDG nach den allgemeinen Gesetzen richten. Das heiße nicht, dass es für Anbieter wie eBay eine grundsätzliche Such- und Überwachungspflicht gewissermaßen ins Blaue hinein gebe. Vielmehr sei die Prüfpflicht an bestimmte Voraussetzungen gebunden – etwa das Bekanntwerden bereits geschehener Schutzrechtsverletzungen.

Genau das liege aber im konkreten Fall vor, entschieden die Richter. Der von eBay zugelassene mehrfache Identitätsklau verletze das Namensrecht des Klägers. Die Betreiber der Handelsplattform hätten ihre daraus erwachsene Prüfungspflicht im Zusammenhang mit der Anmeldung von Fake-Accounts verletzt, dadurch müsse das Unternehmen als Störer haften. Der von eBay bestrittene Unterlassungsanspruch auf Grundlage von § 12 Satz 2 BGB bestehe also durchaus.

Auch die Wiederholungsgefahr, die für die gerichtliche Bestätigung des Anspruchs erforderlich ist, sei gegeben: eBay hatte ja die geforderte Unterlassungserklärung, die für den Wiederholungsfall des Identitätsklaus eine Strafzahlung vorsah, nicht abgegeben. Das OLG hat dabei einen im Wettbewerbsrecht anerkannten Grundsatz auch im vorliegenden Rechtsbereich gelten lassen: dass nämlich normalerweise nur die Abgabe einer solchen strafbewehrten Erklärung eine Wiederholung eines zu unterlassenden Verhaltens hinreichend glaubwürdig unterbindet – sofern es keine besonderen Umstände gibt, die eine Wiederholung von vornherein ausschließen. Solche Umstände hatte eBay aber nicht geltend gemacht.

Die Frage, ob der Unterlassungsanspruch sich bereits aus dem Rahmenvertrag des Teilnehmers mit eBay herleitete, wie es der Kläger vorgetragen hatte, oder nur aus der gesetzlichen Störerhaftung, wie das AG Potsdam sie zugrunde gelegt hatte, fand in diesem Zusammenhang keine Antwort mehr – das OLG konnte sie offen lassen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfragen, die in diesem Fall berührt sind, hat das Gericht die Revision zugelassen – möglicherweise gibt es also demnächst ein Wiedersehen vor dem BGH in Karlsruhe. (psz)