eGK: Kassenärzte fordern Konsequenzen aus dem Telematik-Debakel

Kassenärztliche Vereinigungen begehren gegen ihren Bundesvorstand und die Gematik auf. Sie fordern mehr Autonomie bei der telematischen Infrastruktur.

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eGK: Kassenärzte fordern Konsequenzen aus dem Telematik-Debakel

(Bild: Shutterstock/BlurryMe)

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Von
  • Detlef Borchers

Nach den jüngsten Problemen mit der telematischen Infrastruktur der elektronischen Gesundheitskarte fordern die kassenärztlichen Vereinigungen (KV) einiger Bundesländer Konsequenzen. Durch die Serie von Pannen und Peinlichkeiten mit dem "Steinzeitkonnektor" sei das Vertrauen der leistungserbringenden Ärzte und Psychotherapeuten in die telematische Infrastruktur verschwunden, heißt es in einem offenen Brief an den Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. "Die ärztlichen und psychotherapeutischen Mitglieder in den unterzeichnenden KVen akzeptieren einfach die Rahmenbedingungen der TI-Ausgestaltung in der derzeitigen Form nicht mehr."

Die Vorstände der kassenärztlichen Vereinigungen von Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein, Westfalen-Lippe, Rheinland-Pfalz und dem Saarland fordern ihren Bundesvorstand in dem offenen Brief auf, bei der Ausgestaltung der telematischen Infrastruktur des Gesundheitswesens aktiver zu werden. Eine Konsequenz aus dem Debakel müsse sein, dass die KV endlich selbst und industrieunabhängig Lösungen für die Praxissysteme der Vertragsärzte entwickeln dürfen.

Neben dem Ausfall der Telematik kritisieren die Landesvorstände auch die "dürftige Kommunikation" der Projektgesellschaft Gematik. Weiterhin wird kritisiert, dass zum 1. Juli 2020 die Erstattung von Portokosten weggefallen ist, "mit dem Argument, dass Arztbriefe über die TI zu verschicken seien". Da die technischen Voraussetzungen für das Verschicken von elektronischen Arztbriefen noch gar nicht vorhanden seien, fühlten sich die Ärzte schlicht getäuscht. Große Arztpraxen würden so auf Portokosten von 2000 Euro im Monat sitzen bleiben. Schon jetzt sei absehbar, dass bedingt durch laufende Updates die Einführung der elektronischen AU-Bescheinigungen zum 1. Januar 2021 nicht zu halten sei.

Die Landesvorstände machen darüber hinaus auf unternehmerische Risiken aufmerksam, die die Europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) für Ärzte und Psychotherapeuten aufwirft: "Seit nunmehr zwei Jahren erfolgt die Diskussion um eine Datenschutzfolgeabschätzung mit dem Ergebnis, dass sie immer noch nicht existent ist und die Ärzte mit TI-Anschluss letztendlich doch einem erheblichen Risiko ausgesetzt sind, für Probleme in der Datensicherheit gerade stehen zu müssen."

Die Vorstände der KVen fordern den Bundesvorstand auf, bei Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vorstellig zu werden und ihn zu bitten, alle finanziellen Sanktionen in Bezug auf die telematische Infrastruktur auszusetzen, "bis eine sichere softwarebasierte Vernetzungsstruktur für die Praxen geschaffen ist". So sollen die "Steinzeitkonnektoren" durch Software ersetzt werden können. Außerdem wünschen sich die Vorstände, dass das BSI nicht mehr die oberste Instanz sein soll, die über Zulassungen zur telematischen Infrastruktur entscheidet. Künftig soll die kassenärztliche Bundesvereinigung nur noch das Benehmen mit dem BSI über den Einsatz von Software und Hardware herstellen müssen.

In der telematischen Infrastruktur war es Ende Mai zu einer Störung gekommen, während der zahlreiche Praxen vom Netz abgeschnitten waren. Zur Behebung der Verbindungsprobleme mussten bei den Routern, mit denen die Praxen an die telematische Infrastruktur angebunden sind, durch einen Techniker vor Ort neue Zertifikate aufgespielt werden. Die Kosten dafür sollen die Ärzte selbst aus der Kostenpauschale finanzieren, befand die zuständige Projektgesellschaft Gematik. Die teilte am Mittwoch überdies mit, dass die Störungen inzwischen behoben seien. (vbr)