"iWoz": "Wie ich den Personal Computer erfand und Apple mitgründete"

Steve Gary Wozniak, Mitbegründer von Apple Computer, hat nun seine Autobiografie herausgebracht. Es seien viele falsche Gerüchte über ihn in Umlauf gebracht worden, so dass er am Ende Bücher über Apple "aus tiefstem Herzen" gehasst habe, sagt er.

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Von
  • Renate Grimming
  • dpa

Steve Wozniak gehört zu den unbestrittenen Legenden des Computerzeitalters. Eine gut verlötete Platine oder ein genial erdachter elektronischer Schaltkreis lässt sein Herz höher schlagen. Er gehört zu den Leuten, die man nicht ganz so nett "Nerd" nennt – technik-vernarrte Computerfreaks, die zwischen PC und Pizza-Schachtel schon mal soziale Kompetenz für ein überflüssiges Bauteil halten. Steve Gary Wozniak, Mitbegründer von Apple Computer, hat nun seine Autobiografie herausgebracht. Es seien viele falsche Gerüchte über ihn in Umlauf gebracht worden, so dass er am Ende Bücher über Apple "aus tiefstem Herzen" gehasst habe, sagt er.

Steve Wozniak, Spitzname Woz, ist das genaue Gegenteil von Steve Jobs, seines charismatischen Geschäftspartners und heutigen Apple-Chefs. Er stand Zeit seines Lebens lieber mit Lötkolben im Ingenieur-Labor als im öffentlichen Rampenlicht. Dabei ist Wozniak mit der Erfindung des Apple I längst in die Annalen der Computergeschichte eingegangen. Das ungleiche Paar kannte sich aus High-School-Tagen und traf Mitte der siebziger Jahre im Homebrew Computer Club in einer Garage im heutigen Silicon Valley aufeinander, einer "merkwürdigen, schrulligen Truppe von Leuten", die eines verband: Die Vision, einen für jedermann erschwinglichen Personal Computer zu bauen.

Erstmals war zu dieser Zeit auch ein echter und bezahlbarer Mikroprozessor auf den Markt gekommen – der entscheidende Grundbaustein für Wozniaks Erfindung. Bis dahin gab es nur kostspielige Computeranlagen ohne Display und Tastatur, deren blinkende Signallämpchen höchstens bei einem Bastler oder Ingenieur Begeisterung hervorrufen konnten. Mit seinem ersten Prozessor von Motorola, den Jobs ihm günstig verschaffte, verwirklichte "Woz" seinen Traum: Er baute – damals noch an seinem Arbeitsplatz bei Hewlett-Packard, wo er Taschenrechner konstruierte – den ersten Computer mit Tastatur und farbiger Bildschirmausgabe.

Vielfach sei kolportiert worden, er habe gemeinsam mit Jobs die ersten Computer zusammengebaut, schreibt Wozniak. "Das stimmt nicht, ich habe sie allein gebaut." Doch ohne den Geschäftssinn seines Compagnons wäre die "Computer-Revolution" in den siebziger Jahren vermutlich anders verlaufen. "Ich konstruierte den Apple I auch deswegen, weil ich ihn an andere verschenken wollte", sagt Wozniak. Jobs dagegen hatte die Idee, eine Firma zu gründen und zunächst fertige Bauteile für Computer an die vielen Enthusiasten im Silicon Valley zu verkaufen.

Um das Startkapital von rund 1000 Dollar zusammenzubekommen verkaufte Wozniak seinen Taschenrechner HP 65 und Jobs seinen VW-Bus. Doch schon bald sollte im Elektronikladen "Byte Shop" der erste interessierte Käufer aufschlagen, der einen vollständig zusammengebauten Computer erwerben wollte. Der Stein war damit ins Rollen gekommen. "Bis Anfang 1976 hatten wir etwa 150 Computer verkauft. Nicht bloß über den Byte Shop, sondern auch über andere kleine Läden, die im ganzen Land aufmachten." Die Computer-Revolution nahm ihren Lauf. Wozniak und Jobs waren damals 25 und 21 Jahre alt.

Der Apple I blieb nicht lange der einzige Personal Computer. Große Unternehmen wie Hewlett-Packard oder IBM hatten das Potenzial der kleinen Kisten zwar noch längst nicht erkannt, doch der Siegeszug der meist von Enthusiasten zusammengebauten Geräte war nicht mehr aufzuhalten. Mit dem Apple II sollten die beiden Firmengründer die Konkurrenz noch ein paar Jahre auf Abstand halten. Doch auch die Erfolge mit dem leistungsfähigen Nachkömmling machten aus dem Ingenieur Wozniak keinen Geschäftsmann.

Nur widerwillig und nach hartnäckigem Zureden konnte er sich dazu durchringen, für die neue Firma Apple Computer seinen geliebten Job bei Hewlett-Packard aufzugeben. Überhaupt konnte er, der in seiner Technik-Begeisterung maßgeblich von seinem Vater, einem Ingenieur bei Lockheed, geprägt wurde, manch anderem elektronischen Projekt die gleiche Leidenschaft entgegenbringen. So schildert Wozniak ausführlich, welchen Spaß er mit einem selbst gebauten Gerät hatte, das das Signal eines Fernsehers unbemerkt stören konnte.

Durch einen dramatischen Flugzeugabsturz Anfang der achtziger Jahre verlor Wozniak über Wochen sein Gedächtnis. Sein Engagement für ein von ihm initiiertes – und finanziertes – Open-Air-Festival als Woodstock-Nachfolger brachte ihm bescheidenen Erfolg, kostete ihn allerdings mit zwölf Millionen Dollar auch ein Vermögen. Ende der Achtziger landete der heute 54-Jährige mit seiner Firma C9, die er für die Vermarktung einer Universal-Fernbedienung gründete, eine weitere "Bruchlandung". Heute widmet sich Wozniak unter anderem seinen Kindern und dem Unterricht von Schulkindern.

Nach internen Machtkämpfen und tiefer Krise bei Apple ist Steve Jobs seit Ende der Neunziger wieder Geschäftsführer und Chef-Visionär des Unternehmens. Auch Wozniak gehört bis heute pro forma zum Mitarbeiterstamm von Apple, hat seine aktive Mitarbeit jedoch längst aufgegeben. Er habe, anders als immer wieder kolportiert, Apple nicht im Streit verlassen, betont Wozniak. Trotz mancher Auseinandersetzung sei er mit seinem ungleichen Weggefährten Jobs versöhnt. Auch das seien hartnäckige Gerüchte, die er mit seiner Autobiografie ausräumen wolle. (Renate Grimming, dpa) / (anw)