Österreich startet informelle Telekom-Regulierung

Dem Trend der Zeit folgend bietet die Telekom-Abteilung der österreichischen Regulierungsbehörde eine außergerichtliche Schlichtung für Wettbewerbsstreitigkeiten.

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Dem Trend der Zeit folgend bietet die Telekom-Abteilung der österreichischen Rundfunk & Telekom-Regulierungs GmbH ab sofort alternative Streitbeilegungsverfahren für Konflikte zwischen Marktteilnehmern an. Die "Alternative Dispute Resolution" (ADR) ist ein freiwilliges Zusatzangebot der Behörde an Unternehmen, die langwierige Rechtswege vermeiden wollen. Endkunden sind ausgeschlossen, da es für sie bereits eine eigene Schlichtungsstelle gibt.

Wenn beide Seiten eines Konfliktes bereits erfolglos verhandelt haben und durch Ausfüllen eines einfachen Fragebogens ihre Bereitschaft zur Teilnahme an einem Mediations- oder Moderationsverfahren bekunden, stellt die RTR ein Expertenteam und lädt zu einer Verhandlung ein. Nach einer oder mehreren Runden kann es zu einer Teillösung oder einem alle Seiten vollständig zufrieden stellenden Verhandlungsergebnis kommen, welches dann in einem Vertrag festgehalten wird. Jeder Teilnehmer kann aber auch zu jedem Zeitpunkt ohne Begründung aussteigen. Doch die Rechtswege sind mühsam, aufwendig und dauern gerade bei den Höchstgerichten sehr lange -- beim Verfassungsgerichtshof sind derzeit 12 Telekom-Verfahren anhängig, beim Verwaltungsgerichtshof gar 135. "ADR ist ein zusätzliches Angebot, das wir als serviceorientierte Behörde machen", betonte Behördenchef Georg Serentschy. "Bei streitigen Verfahren gibt es immer einen Gewinner und einen Verlierer. Bei gut geführten ADR-Verhandlungen kommt es zu einer Win-Win-Situation." Der Kreativität seien dabei kaum Grenzen gesetzt, in Neuseeland beispielsweise sei ein Streit um den Zugang zu einem Mobilfunknetz durch Armdrücken der Firmenchefs entschieden worden. "So etwas streben wir allerdings nicht an", versicherte Serentschy.

In einer Pilotphase konnten fünf Konflikte gelöst werden. Dabei handelte es sich um Konflikte zwischen einem Provider und dem Ex-Monopolisten Telekom Austria, beispielsweise um Entbündelungsbelange. Kurt Einzinger, Generalsekretär des Branchenverbandes Internet Service Providers Austria, sieht im Gespräch mit heise online die Mediationsverfahren mit gemischten Gefühlen: "Die meisten dieser Verfahren waren eigentlich unnötig. Die Streitigkeiten waren von der Telekom Austria mutwillig vom Zaun gebrochen worden. Die dann gefundenen Kompromisse waren teilweise faul, weil vergessen wurde, für Umsetzungen Zeitlimits zu setzen. Dort, wo es um finanzielle Beträge geht, hat es nicht funktioniert und wird es nicht funktionieren. In anderen Bereichen, wo es bisher keine Regulierung gegeben hat, kann Mediation aber durchaus hilfreich sein." Auch Serentschy erwartet keine ADR-Verfahren "dort, wo es um unmittelbare Festsetzung von Preisen, wie etwa Interconnection Fees, geht". Wie viele alternative Streitbeilegungsversuche es überhaupt geben werde, sei nicht abschätzbar: "Es wird ein kleiner Prozentsatz der Verfahren sein."

Rund zehn europäische Regulierungsbehörden haben laut RTR bereits positive Erfahrungen mit ähnlichen Mediationsangeboten gemacht. Die deutsche RegTP und das schweizerische Bakom sind laut deren Angaben aber nicht darunter. "Das ist gesetzlich nicht vorgesehen", sagte RegTP-Sprecher Harald Dörr zu heise online. (Daniel A. J. Sokolov) / (jk)