re:publica: Polizei will in sozialen Medien nicht nur witzig sein

Auf Twitter und bei Facebook menschelt es auch bei den Ordnungshütern stark. Doch die Sache mit dem Humor stelle eine ziemliche Gratwanderung dar, räumt André Karsten, Social-Media-Manager der Polizei Frankfurt, ein.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 25 Kommentare lesen
Polizei
Lesezeit: 4 Min.

Ordnungshüter nutzen soziale Netzwerke verstärkt für die Öffentlichkeitsarbeit, alle Polizeien der Länder sowie die Bundespolizei sind dort mittlerweile mit mindestens einem offiziellen Konto dabei. Der ein oder andere Twitter-Marathon sorgt dabei genauso für Schlagzeilen wie der Wortwitz, mit dem die Ermittler teils online unterwegs sind. "Es darf auch mal eine Portion Spaß sein", sagte die Kommunikationschefin der Kölner Digitalagentur Result, Alexa Brandt, am Dienstag auf der re:publica in Berlin. Gerade beim "Community Management" oder bei der Nachwuchsakquise könnten die Fahnder zeigen, wie schlagfertig sie teils seien.

"Wir nutzen Humor, wenn es darum geht, jemand maßzuregeln", brachte André Karsten, Social-Media-Manager der Polizei Frankfurt, ein Beispiel aus der Praxis. Bei "schrägen Fragen" etwa nach den Folgen, wenn man anderthalb Kilo "Grass" mit sich herumtrage, komme eben die Retourkutsche mit dem Hinweis, welcher Titel des Autors wohl gemeint sei. Karsten, der im schwarzen Hoodie mit Basecap auf dem Podium saß und sich schon mal in Uniform selbstironisch auf Twitter "auf den Segway genommen" hat, sprach dabei aber von einem "ganz dünnen Drahtseilakt". Hauptaufgabe der Polizei in sozialen Netzwerken sei es nicht, "lustig zu sein".

"Wir wollen zeigen, dass wir Menschen sind", führte der Mitarbeiter der Pressestelle aus. Es gehe darum, Vertrauen aufbauen und zu zeigen: "Wir sind normale Typen. Wir haben Uniform an und wenn es drauf ankommt, kann man sich auf uns verlassen." Wenig bringe es dabei, von ganz lustig auf voll ernst umzuschalten. Wenn am Wochenende rund um eine der vielen Demonstrationen in der Bankenstadt ein Großeinsatz anstehe, sollten kurz vorher online von Amts wegen nicht lauter Späßchen gemacht werden.

Dass mit den sozialen Medien mehr Tempo in die Öffentlichkeitsarbeit hineinkommt, bleibt Karsten nicht verborgen. Es reiche aber auch mal zu sagen: "Wir sind dran." Der "große Fehler", den er und sein Team am Anfang gemacht hätten, sei gewesen, die eigenen Leute vergessen zu haben: "Viele wussten gar nicht, was wir da tun." Nun gelte es, sich jeden einzelnen Kollegen wieder zurückzuerkämpfen. Dabei helfe auch, dass "die Leute im Netz viel lieber mal danke sagen". Dies könne man an die Dienststellen vermitteln, was für "die Polizisten draußen" oft ein ganz neues Gefühl sei.

Thomas-Gabriel Rüdiger von der Fachhochschule der Polizei Brandenburgs geht die Erreichbarkeit der Beamten über soziale Medien nicht weit genug. Inzwischen gebe es 216 Twitter-Accounts von Ermittlungsbehörden hierzulande, rechnete er vor, während es in den Niederlanden 2500 seien. Dort hätten selbst einzelne Polizisten ihr eigenes Konto, was die Ermittler im Netz sichtbarer mache und so ihre Arbeit stärke. Um die gleiche Quote wie in dem Nachbarstaat zu erreichen, müssten hierzulande mindestens 10.000 Ordnungshüter in sozialen Netzwerken vertreten sein.

Auch die Kommunikationswissenschaftlerin Katharina Kleinen-von Königslöw meint, dass die Polizei auf Facebook & Co. ihre Legitimität stärken und besser in direkten Kontakt mit Bürgern kommen kann. Die Ordnungshüter wäre laut der Forscherin auch eine Instanz, die zwischen rechtlich bedenklichen und erlaubten Äußerungen im Netz entscheiden und so eine mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz drohende Zensur durch die Plattformbetreiber abwenden könnte. Die Sache habe aber den Haken, dass die Ermittler mit dieser Zusatzaufgabe sicher "auch überfordert" wären. Aspekte wie Gefahren für den Datenschutz bei der Behördenkommunikation und vor allem Fahndungsaufrufen über Angebote der Platzhirsche aus den USA kamen nicht ernsthaft zur Sprache. (axk)