Britische Forscher wollen Überwachungskameras "Hör-Intelligenz" beibringen

Wissenschaftler der University of Portsmouth haben ein auf drei Jahre finanziertes Projekt gestartet, um Überwachungskameras das "Hören" von Verbrechen mit Hilfe von Fuzzy Logic beizubringen.

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Wissenschaftler der University of Portsmouth haben ein Projekt gestartet, um Überwachungskameras das "Hören" von Verbrechen mit Hilfe Künstlicher Intelligenz (KI) beizubringen. Beim Aufnehmen "verdächtiger" Geräusche wie dem Splittern von Glas oder von Schreien über Richtmikrofone sollen die elektronischen Beobachtungsgeräte künftig in der Lage sein, ähnlich wie ein Mensch innerhalb von rund 300 Millisekunden die Quelle ausmachen, die Szenen mit Bild und Ton aufnehmen sowie Sicherheitspersonal benachrichtigen können. So umschrieb der Projektleiter, David Brown vom Institut für Industrieforschung an der Uni der englischen Hafenstadt laut britische Medienberichte die ehrgeizigen Ziele des Vorhabens. Es gehe darum, eine "sehr schnell in Echtzeit funktionierende Methode zur Identifizierung von Geräuschen" zu entwickeln.

Zum Einsatz kommen soll Brown zufolge eine neue Form der KI-Variante Fuzzy Logic. Dank der "Unschärfetheorie" soll es über die Beschreibung unterschiedlicher Klangformen gelingen, bestimmte Geräusche zu identifizieren. Wenn der Mensch seine Augen schließe, könne er die Form eines physikalischen Objekts in Gedanken nachverfolgen und dessen Profil mit dessen Händen "lesen", erklärt Brown. Ähnlich würden die Forscher Soundgestalten entwerfen, welche die Software dann wiedererkennen könne. Sollte das Muster nicht genau passen, würde der Fuzzy-Logic-Ansatz helfen, den Klang zu bestimmen. So würden unterschiedliche Glasformen beim Zerbrechen zwar leicht verschiedene Klangwelle produzieren. Diese hätten aber dieselbe generische Form, welche das KI-Programm einmal ausmachen können solle.

Proteste von Bürgerrechtlern dürften angesichts der Ausweitung der Kameraüberwachung durch einen großen Lauschangriff auf Straßen und Plätzen vorgezeichnet sein. Der britische Datenschutzbeauftragte Richard Thomas, der sich seit längerem wegen des massiven Einsatzes von CCTV (Closed Circuit Television) in Großbritannien besorgt zeigt, bezeichnete den Einbau von Lautsprechern und Mikrophonen in Überwachungskameras schon im vergangenen Jahr als nicht mehr akzeptabel. Brown betonte daher, dass die Software allein auf die akustische Wahrnehmung "spezifischer mit Gewalt verknüpfter Worte" und Geräusche getrimmt werde. Es gehe nicht um die Erfassung kompletter Gespräche.

Das Projekt ergänzt bereits laufende Arbeiten des Forschungsinstituts, bei denen Videoüberwachungsprogramme visuelle Indizien für Verbrechen – etwa plötzliche Menschenansammlungen oder bestimmte Bewegungen – erkennen können sollen, die für gewalttätige Auseinandersetzungen typisch sind. Gefördert wird das Vorhaben zunächst drei Jahre lang vom britischen Engineering and Physical Sciences Research Council EPSRC. Darüber hinaus schreibt das Institut in Portsmouth an einem Bericht für das Innenministerium in London, das Richtlinien für den ergonomischen Polizeieinsatz von CCTV unter Aufmerksamkeits- und Wahrnehmungskriterien aufstellen soll. (Stefan Krempl) / (pmz)