Jörg Tauss tritt wegen Gesetz zu Kinderporno-Sperren aus SPD aus [Update]

Der Eintritt in die Piratenpartei sei nur noch eine Formsache. Er stimme zwar weiter mit vielen Punkten des SPD-Programms überein, es gebe aber bei der SPD in der Innen-, Rechts- und Internetpolitik "eine schlimme Fehlentwicklung".

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Von
  • Jürgen Kuri

Jörg Tauss

Der SPD- Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss hat seinen Austritt aus der SPD erklärt. Gleichzeitig kündigte er in einer Mitteilung an, Mitglied der Piratenpartei werden zu wollen: Er habe den Antrag noch nicht ausgefüllt, das sei allerdings nur noch "eine Formsache", sagte Tauss der dpa.

In seiner Erklärung betonte der Bundestagsabgeordnete, er stimme zwar weiterhin mit vielen Punkten des SPD-Programms überein. Allerdings gebe es bei den Sozialdemokraten in der Innen-, Rechts- und Internetpolitik "eine schlimme Fehlentwicklung". "Ich bin und ich bleibe Sozialdemokrat – und werde deshalb ein Pirat", hieß es von Tauss – er werde wohl erster Abgeordneter der Piratenpartei im Deutschen Bundestag. Auslöser für den Parteiaustritt sei die Zustimmung der SPD zu den Internet-Sperren zur Eindämmung von Kinderpornografie im Bundestag gewesen. Mit diesem Gesetz solle "eine staatliche Zensurinfrastruktur" errichtet werden.

Gegen Tauss wird immer noch wegen Besitzes von kinderpornografischem Material ermittelt. Deshalb war er von seinen Ämtern als Fraktionssprecher für Bildung und Forschung sowie als Generalsekretär der baden-württembergischen SPD zurückgetreten. Seit 1994 sitzt er für die SPD im Bundestag. Ende März hatte Tauss wegen der Vorwürfe, die er stets zurückgewiesen hatte, auch seinen Verzicht auf eine Bundestagskandidatur für die SPD bei den Wahlen im September erklärt, sein laufendes Mandat aber nicht niedergelegt.

Tauss hatte zu den Vorwürfen wegen des Besitzes von kinderpornografischem Material erklärt, es sei die Pflicht eines Volksvertreters, "sich eine eigene Meinung zu dringenden gesellschaftlichen Problemen zu bilden". Kurz nach Bekanntwerden der Ermittlungen gegen ihn hatte Tauss erklärt, er wisse, dass die Staatsanwaltschaft bei ihm kinderpornographisches Material gefunden habe. Die von den Ermittlern sichergestellten Datenträger habe er bei dem Versuch erhalten, Kontakt zu einem möglichen Kinderporno-Ring zu knüpfen. "Und natürlich hätte die von mir erhoffte Sprengung eines der immer wieder durch die Öffentlichkeit geisternden Kinderporno-Ringe meinem Bekanntheitsgrad nicht gerade geschadet", hatte er eingeräumt. Es sei ihm aber dabei zuletzt darum gegangen, eine mögliche "Produktionsstätte" ausfindig zu machen. Auch habe er die These belegen wollen, dass Kinderpornographie wieder häufiger über Handys, Telefonhotlines und die Post verbreitet werde.

Die schwedische Piratenpartei hatte bei den Europawahlen den Sprung ins Europa-Parlament geschafft. In Deutschland lag die Piratenpartei, die sich unter anderem für informationelle Selbstbestimmung, gegen Patente unter anderem auf Software und Lebewesen, und für eine grundlegende Überarbeitung des Urheberrechts eintritt, bei 0,9 Prozent der Stimmen. Gerade in den Universitätsstädten habe man einen "sehr guten Stand", hieß es dazu von der deutschen Piratenpartei: "Freiheitsliebende, technisch versierte junge Menschen, die gegen eine restriktive Symbolpolitik sind, fühlen sich durch uns vertreten."

[Update]:
Die SPD reagierte recht zügig auf den Schritt von Tauss: Die baden-württembergische SPD-Chefin Ute Vogt forderte ihn auf, sein Bundestagsmandat zurückzugeben. "Wir müssen diesen Schritt zur Kenntnis nehmen und fordern ihn auf, sein Bundestagsmandat zurückzugeben", sagte Vogt gegenüber dpa. Dies sei die zwangsläufige Konsequenz aus seinem Austritt aus der Partei. (jk)