Mini-Brennstoffzelle lädt Handys unterwegs auf

Pressen, Schütteln, Einstöpseln: Die erste portable Brennstoffzelle zum Aufladen kleiner Elektrogeräte ist auf dem Markt.

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Das israelische Unternehmen Medis produziert und vermarktet die erste portable Brennstoffzelle, mit der Handys, Digitalkameras und MP3-Player aufgeladen werden können. Zu Preisen zwischen 40 und 50 Dollar verkaufen in den USA unter anderem Amazon und die Elektro-Kette Best Buy das "24/7 Power Pack".

Das Power Pack wiegt lediglich 185 Gramm und soll bis zu 18 Monate lang ohne Energieverluste lagerbar sein. Nach Entfernen einer Sicherheitslasche wird es, so schreibt Medis in der Bedienungsanleitung, durch "festes Zusammenpressen" des Gehäuses und anschließendes "sanftes Schütteln" aktiviert. Dadurch werden die flüssigen Brennstoffe aus ihren Behältern gequetscht und vermischt. Das Gemisch besteht aus Kalium- und Natrium-Hydroborid sowie Kaliumhydroxid, Flüssigkeiten, die sich im Unterschied zu Wasserstoff gefahrlos und gewichtsparend speichern lassen.

Die Brennstoffzelle extrahiert den notwendigen Wasserstoff ohne vorgeschalteten Reformer aus dem Gemisch. Dieser Typ wird DLFC genannt (Direct Liquid Fuel Cell). Die kompakte, leichte Bauweise des Packs ist auch deshalb möglich, weil die Zellen passiv arbeiten, das heißt ohne Pumpen und Ventile. Genauere Angaben macht Medis nicht. Die meisten für den mobilen Betrieb geeigneten Brennstoffzellen arbeiten mit Methanol als Brennstoff (DMFC). Im Unterschied zum Medis-Pack sind die Methanol-Zellen allerdings nicht marktreif, trotz jahrelanger Forschung weltweit.

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Brennstoffzelle und Taschenlampe im Paket

Für den regelmäßigen Einsatz ist das Power Pack noch zu teuer. Medis vermarktet deshalb auch ein zum Beispiel für Stromausfälle gedachtes "Notfallpaket", das zusätzlich zur Brennstoffzelle eine passende Taschenlampe enthält. (Bild: Medis)

Die durchschnittliche Leistung der Zelle liegt bei knapp einem Watt, die "Extreme"-Version kommt auf bis zu vier Watt. Die Ausgangsspannung passt das mitgelieferte Netzteil im Bereich zwischen 3,6 und 5,45 Volt automatisch an ("Extreme"-Version: 3,8 bis 5,5 Volt). Der Chemikalienvorrat soll für 20 Stunden Ladedauer ausreichen. Allerdings kann das erste mobile Brennstoffzellenpack nicht nachgefüllt werden. Ist der Brennstoff verbraucht, muss es entsorgt werden. Immerhin hat Medis eine Sammelstelle eingerichtet und bietet Zweitkäufern ein Power Pack für 25 Dollar ohne Netzteil und Stecker.

Ein Nachfüllsystem, bei dem nicht die gesamte Brennstoffzelle, sondern nur die Chemikalienbehälter ausgetauscht werden, verspricht Medis für das Jahr 2010. Somit kann man derzeit einen der prinzipiellen Vorteile von Brennstoffzellen nicht nutzen: Mit einem Brennstoffzellenpack und mehreren Patronen hätte man ein System, das bezogen aufs Gewicht mehr Strom liefert als die besten Lithiumionen- oder Lithiumpolymer-Akkus. Immerhin kommt das Medis-Pack mit ihrem fest eingebauten Brennstoff auf 108 Wh/kg, für mobile Brennstoffzellen ein achtbarer Wert. Herkömmliche Lithiumionen-Packs erreichen jedoch durchaus die doppelte spezifische Energiedichte.

Ein knappes Dutzend mitgelieferter Stecker soll die Kompatibilität zu gängigen Mobiltelefonen, MP3-Playern, Digitalkameras und portablen Spielkonsolen sicherstellen. Auf einer Liste (PDF-Datei) führt Medis beispielhaft einige passende Geräte auf, darunter diverse iPods sowie Handys von Nokia, SonyEricsson, Motorola, Samsung und LG.

Noch ist das Power Pack zu teuer für den sinnvollen Alltagseinsatz. Mobile Ladegeräte, die Solarpanels, Akkus oder Batterien einsetzen, sind günstiger, weil wiederverwendbar. Medis vermarktet deshalb ein zum Beispiel für Stromausfälle gedachtes "Notfallpaket", das zusätzlich zur Brennstoffzelle eine passende Taschenlampe enthält.

Andere Hersteller haben vergleichbare Brennstoffzellen zum Beispiel auf der diesjährigen CES gezeigt, aber noch nicht auf den Markt gebracht. Medis produziert seine Power Packs im israelischen Lod hingegen bereits am Fließband. Das einzige uns bekannte mobile Brennstoffzellenpack im Handel stammt übrigens von der deutschen Firma SFC. Deren Efoy-Systeme wiegen sechs Kilogramm und mehr und eignen sich für den Einbau in Wohnmobilen und Booten. Ein leichteres Pack von SFC wiegt ein Kilogramm, wird aber zurzeit ausschließlich an Streitkräfte verkauft.

Versuche, Brennstoffzellen als direkte und alleinige Energiequelle portabler Elektrogeräte einzusetzen, gibt es seit Langem. Der Traum von tagelanger Laufzeit bei geringem Gewicht bleibt aber voerst unerfüllt. Im Unterschied zu einigen Hochtemperatur-Brennstoffzellen erreichen die Zellen, die sich für den platzsparenden mobilen Einsatz eignen, nur einen Wirkungsgrad von um 50 Prozent. Die restliche Energie verpufft als Wärme. Mit anderen Worten: Die Mobilgeräte müssen mit der doppelten Abwärme zurechtkommen, was insbesondere bei kompakten Gehäusen Probleme bereitet. Wenig überraschend deshalb, dass die ersten marktreifen Packs externe, nicht in Mobilgeräte integrierbare Systeme sind.

Medis kann sich zu Recht damit brüsten, die erste mobile Brennstoffzellen auf den Markt gebracht zu haben. Toshiba, Sony und Co., die seit Jahren für diese Technik trommeln, um die es in letzter Zeit aber sehr ruhig geworden ist, haben hier das Nachsehen – ein wichiger Achtungserfolg, der über einige Unzulänglichkeiten des 24-7 Pack hinwegsehen lässt. (cwo)