Mitarbeiter des Europäischen Patentamts wollen für Reformen demonstrieren

Die Internationale Gewerkschaft des Europäischen Patentamtes erwartet rund 300 Vertreter der Behörde für eine Protestkundgebung, die auf die Reform des Verwaltungsrates und eine Qualitätsoffensive pocht.

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Die Internationale Gewerkschaft im Europäischen Patentamt (SUEPO) hat die Mitarbeiter der Behörde aufgerufen, am kommenden Donnerstag zu streiken und in Brüssel für eine Reform des Verwaltungsrats zu demonstrieren. In der belgischen Hauptstadt tagt dann die Führung des Patentamtes mit Präsidentin Alison Brimelow und sucht nach Ansätzen für eine "strategische Erneuerung". Zu der Protestkundgebung erwartet die Arbeitnehmervertretung rund 300 Mitarbeiter aus den Büros des Patentamtes in München, Berlin, Den Haag und Wien.

Der Verwaltungsrat handelt als eines der wichtigsten Führungsgremien der Behörde nach Ansicht der SUEPO nicht im Interesse eines europäischen, qualitativ hochwertigen gewerblichen Rechtsschutzes, der eigentlich Wirtschaft, Wissenschaft und Innovation stärken solle. Die Ursache sieht die Gewerkschaft bereits in der Zusammensetzung des Verwaltungsrats, da in ihm fast ausschließlich Vertreter nationaler Patentämter mit ihren Eigeninteressen vertreten seien. Viele der nationalen Behörden seien finanziell von den Gebühren abhängig, deren Erwirtschaftung wiederum durch die Arbeit des Europäischen Patentamtes (EPA) bestimmt werde. Daher würden möglichst viele Patente erteilt, das gehe schon seit Jahren zu Lasten der so nur auf dem Papier hochgehaltenen Qualität der Patente.

In der Belegschaft des EPA ist die Stimmung seit Längerem schlecht. Im Juni vergangenen Jahres machten Prüfer der Einrichtung bei einem Warnstreik am Münchner Hauptsitz und einer Demo in Bern vor dem Schweizer Patentamt ihrem Unmut über Konflikte im Verwaltungsrat zwischen nationalen und europäischen Interessen sowie über den Managementkurs Luft. Zuvor hatten Mitarbeiter 2006 dreimal mit Protestaktionen und Arbeitsausständen "Zeit für Qualität" gefordert. Laut einer internen Mitarbeiterbefragung vom Juni vertrauen nur sechs Prozent der Belegschaft den Führungsqualitäten des Spitzenmanagements. Ferner meinen nur neun Prozent der Patentprüfer, dass Brimelow und die Vizepräsidenten sich aktiv für die Qualitätsentwicklung von Patenten einsetzen.

Heiner Flocke, Vorstand des Patentvereins, unterstützt die SUEPO. Er sieht in einem Interview (PDF-Datei) als Ausgangspunkte für die Schwächen des europäischen Patentsystems vor allem die "mangelnde Patentqualität und die daraus resultierende Patentflut". "Patente werden zunehmend taktisch und als Angriffswaffen oder Machtmittel eingesetzt", beklagt der Vertreter der Interessen kleiner und mittlerer Unternehmen. "Dieser Missbrauch des Patentsystems gefährdet viel versprechende Innovationen des Mittelstands, dem Rückgrat der deutschen Wirtschaft."

Die nötigen Veränderungen traut Flocke dem Patentamt nicht aus eigener Kraft zu. Er fordert, dass "endlich auch die Wirtschaft eine Stimme in den Kontrollgremien des EPA bekommt", um die Voraussetzungen für nachhaltige positive Entwicklungen zu legen. Als weiteres Hauptproblem in Deutschland kritisiert der Lobbyist das Trennungsprinzip bei der Patentgerichtsbarkeit. Lange vor einer Entscheidung in einem Einspruchs- beziehungsweise Nichtigkeitsverfahren gegen ein Patent könne so im parallel angestrengten Verletzungsverfahren der Klage des Patentinhabers bereits stattgegeben und das Urteil vollstreckt werden. Dadurch hätten Firmen die Möglichkeit, auch mit letztlich nicht haltbaren Patenten einen später nicht wiedergutzumachenden Schaden bei Wettbewerbern anzurichten. Eine Lösung wäre die Aussetzung der Vollstreckung, bis über die Rechtmäßigkeit eines Patents entschieden ist. (Stefan Krempl) / (anw)