Musiker gegen Internetsperren bei Filesharing

In Großbritannien sprechen sich Vertreter von Musikern, Komponisten und Produzenten gegen die Regierungspläne aus, Internetnutzern bei wiederholten Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing auch den Netzzugang zu kappen.

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Musiker und Produzenten sprechen sich gegen die Pläne der britischen Regierung aus, illegales Filesharing mit Zugangssperren für mehrfach erwischte Internetnutzer zu ahnden. Die Mitglieder der Featured Artists Coalition (FAC), der Komponistenvereinigung British Academy for Songwriters, Composers and Authors (BASCA) und des Produzentenverbands Music Producers Guild (MPG) wenden sich in einer gemeinsam veröffentlichten Erklärung (PDF-Datei) gegen die auf Initiative von Labour-Wirtschaftsminister Peter Mandelson verschärfte Regierungslinie in Sachen Filesharing. Die drei Branchenorganisationen weichen damit von der Linie des Dachverbands UK Music ab.

Gut finden die Branchenvertreter die kostenlose Verbreitung ihrer Werke in den Filesharing-Netzen auch nicht. Die drei Organisationen bekennen sich zum Urheberrecht und seinem Schutz als lebenswichtig für eine gesunde Musikbranche. Doch zeigen sich die Musiker, Komponisten und Produzenten ernsthaft besorgt über die britischen Pläne für eine verschärfte Gesetzgebung. Der Ansatz der Regierung, heißt es in der gemeinsamen Antwort der Branchenorganisationen auf einen "nicht beantwortbaren" Fragenkatalog des Wirtschaftsministeriums, deute auf eine "weit von der Öffentlichkeit und den Musikkonsumenten entfernte Denkweise" hin.

Die "schwammige Schätzung" für den jährlichen Nutzen der geplanten Gesetze auf etwa 200 Millionen Pfund beruhe auf der Annahme, dass jeder getauschte Song ein der Industrie entgangener Verkauf sei. Das sei nur "Lobbyisten-Sprech" und entbehre jeder logischen und wissenschaftlichen Grundlage. Im Gegenteil gebe es Hinweise, dass regelmäßige Filesharer ebenso regelmäßig Musik oder Filme kaufen. Darüber hinaus halten die Branchenorganisationen die offiziellen Schätzungen der Kosten für die Durchsetzung des Gesetzes (65 Millionen bis 85 Millionen Pfund im ersten Jahr) für "grob untertrieben" und damit im Hinblick auf den wirtschaftlichen Nutzen für "eindeutig unverhältnismäßig".

"Die Branche muss nach vorne schauen, nicht zurück", erklärte BASCA-Chef Patrick Rackow gegenüber der BBC. "Wir haben hier ein Riesenproblem, für das wir eine Lösung finden müssen. Ich kenne die Lösung nicht, ich glaube, keiner kennt sie." Keine Lösung seien aber harte Sanktionen gegen Musikfans. "Es gibt bessere Wege, damit umzugehen, ohne die Verbraucher total aufzuregen." Mit schweren Geschützen würden die Fans endgültig vergrault, meint auch FAC-Vorstandsmitglied Ed O'Brien. "Damit beginnen sie einen Krieg, den sie nie gewinnen werden." Zu den Regierungsplänen sagte der Radiohead-Musiker: "Es wird nicht funktionieren. So einfach ist das."

Die britische Regierung drängt zu härteren Maßnahmen gegen illegale Filesharer. Die Regierung erwägt dabei Netzsperren als "letztes Mittel gegen den harten Kern von Copyright-Piraten", wie es aus dem Wirtschaftsministeriums hieß. Danach sollen die Kompetenzen der britischen Aufsichtsbehörde Ofcom erweitert werden. Die Behörde soll künftig bei Providern Sanktionen bis zu Anschlusssperren gegen illegale Filesharer durchsetzen können. Vorbild ist das in Frankreich weiter heftig umstrittene Hadopi-Gesetz, laut dem eine neue Behörde die Sanktionen gegen wiederholte Filesharer aussprechen soll. Nachdem sich die britische Regierung in ihrem Zukunftsreport "Digital Britain" zunächst gegen Netzsperren und für gemäßigtere Sanktionen ausgesprochen hatte, hat Wirtschaftsminister Mandelson eine Verschärfung in die Debatte eingebracht. (vbr)