Mutter drohen 20 Jahre Haft wegen Cyber-Terror auf MySpace

Die traurige Geschichte eines 13-jährigen Mädchens aus dem US-Bundesstaat Missouri, das von einem angeblichen MySpace-Freund psychisch so drangsaliert wurde, dass sie später Selbstmord verübte, findet eine Fortsetzung vor Gericht.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Die traurige Geschichte eines 13-jährigen Mädchens aus dem US-Bundesstaat Missouri, das von einem angeblichen MySpace-Freund psychisch so drangsaliert wurde, dass sie später Selbstmord verübte, findet eine Fortsetzung vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft von Los Angeles teilte am gestrigen Donnerstag mit, sie werde auf Antrag des FBI Klage gegen eine 49-jährige Mutter erheben, die im Jahr 2006 unter dem Namen "Josh Evans" einen MySpace-Account eingerichtet hatte. Hinter "Josh" sollte ein 16-jähriger Junge stehen, der als Verehrer der 13-jährigen Megan auftrat. Tatsächlich diente die fiktive Person aber nur dazu, Rache an Megan zu nehmen, die früher mit der Tochter der angeklagten Frau befreundet war. Mit schlimmen Folgen: Megan erhängte sich im Oktober 2006 in ihrem Zimmer.

"Josh" nahm über MySpace gezielt Kontakt zu Megan auf und flirtete mit dem Mädchen. In den darauffolgenden Wochen nahm die Intensität der Kommunikation zu und es wurden auch sexuelle Themen angeschnitten. Er finde sie "sexy" teilte "Josh" dem Mädchen in E-Mails mit – geschrieben am Küchentisch der verfeindeten Familie. Mutter und Tochter lachten sich kaputt, wenn wieder verliebte Antwort-Mails eintrafen, und heckten Pläne aus, wie sie das Kind noch tiefer in ihr teuflisches Werk verstricken könnten. Wenn die Mutter nicht mehr weiter wusste, formulierten die Tochter oder eine Aushilfskraft im Familienbetrieb die Passagen – bis sie den Strick zuzogen: "Josh" spielte mit Selbstbewusstseins- und Trennungsängsten und brach dann den Kontakt mit einer letzten Nachricht ab: "Ohne dich wäre die Welt besser dran". Das Kind nahm es sich zu Herzen.

"Diese erwachsene Frau nutzte das Internet, um Angriffe mit entsetzlichen Folgen gegen ein junges Mädchen zu richten", verdeutlichte Staatsanwalt Thomas P. O'Brien bei einer Pressekonferenz in Los Angeles. Nachdem eine Anklage in Missouri wegen dort fehlender Rechtsgrundlagen nicht möglich gewesen sei, habe seine Behörde gemeinsam mit dem FBI eigene Untersuchungen eingeleitet. In Los Angeles könne die Frau vor Gericht gestellt werden, weil MySpace hier seinen Hauptsitz habe. Angeklagt wird die 49-Jährige wegen Verschwörung und dem widerrechtlichen Zugriff auf geschützte Computersysteme. Sie habe falsche Angaben bei der MySpace-Registrierung gemacht und gegen Unternehmensstatuten verstoßen.

Dazu gehöre etwa das Verbot, Informationen über Minderjährige zu sammeln. Auch dürften MySpace-Daten nicht genutzt werden, um Personen "zu drangsalieren, zu beschimpfen oder zu schädigen". Im Falle einer Verurteilung drohen der Frau bis zu zwanzig Jahre Haft. Gegenüber der LA Times äußerte die Rechtsprofessorin Rebecca Lonergan von der University of Southern California (USC) jedoch Bedenken, dass die Klage auf wackeligen Füßen stehen könnte. So mangele es der Klageschrift beispielsweise an Eindeutigkeit, wer denn nun das Opfer sei. MySpace oder Megan? "Es handelt sich hier zwar um eine löbliche, aber auch extrem offensiv ausgelegte Strafverfolgungsmaßnahme", sagt Lonergan. "Und ich weiß nicht, ob die Gerichte den Ausführungen der Anklage folgen werden." (pmz)