Österreicher zeigen wenig Interesse am E-Government

Obwohl die Rahmenbedingungen für elektronische Behördengänge überdurchschnittlich gut sind, kommt das E-Government in Österreich nicht richtig in Schwung. Nur ein Bruchteil der Bevölkerung nutzt bislang die Möglichkeiten einer Bürgerkarte.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 52 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.

E-Government ist in Österreich in aller Munde. Laut einer Untersuchung von CapGemini ist das Land beim Angebot elektronischer Behördenwege sogar EU-Meister, vor Malta und Estland. Doch die Rechnung wird bisher oft ohne den Bürger gemacht, der kaum Interesse an den erforderlichen digitalen Signaturen zeigt. Ohne User bleibt aber die Zahl der Nutzungsmöglichkeiten gering – dieses Henne-Ei-Problem versuchen unter anderem Microsoft und der Hauptverband der Sozialversicherungsträger zu bekämpfen.

Rund 8,2 Millionen e-cards (Gesundheitskarten) hat der Hauptverband im vergangenen Jahr an die Versicherten verschickt. Nur 8500 davon haben die kostenlose Möglichkeit genutzt, ihre Karte mit einer "einfachen Verwaltungssignatur" zur Bürgerkarte aufrüsten zu lassen, um sich damit online gegenüber Behörde zu identifizieren. Diese Zahl soll nun erhöht werden, indem nicht nur Versicherungsträger, sondern auch Dienststellen von Städten die Freischaltung der Verwaltungssignatur auf e-cards durchführen können. Ab November ist dies in acht Pilot-Städten möglich (St. Pölten, Wiener Neustadt, Krems/Donau, St. Valentin (NÖ), Leoben, Traun, Vöcklabruck, Wolfsberg).

Der Städtebund möchte diesen Service bis Ende des Jahrzehnts in allen 237 Mitgliedsstädten eingeführt haben. Kleiner Schönheitsfehler: Die Verwaltungssignaturen werden Ende 2007 wertlos. Ab 2008 ist für Behördenwege nämlich eine "sichere Signatur" samt "qualifiziertem Zertifikat" erforderlich, was mit den aktuellen e-cards nicht geboten wird. Städtebund-Generalsekretär Erich Pramböck geht aber "fest davon aus", dass das entsprechende Gesetz rechtzeitig geändert und damit das Leben der einfachen Verwaltungssignatur verlängert wird.

Das wäre eine schlechte Nachricht für die angeschlagene A-Trust, Österreichs einzigem Anbieter sicherer Signaturen mit qualifiziertem Zertifikat. Dessen Geschäftsführer Michael Butz glaubt aber nicht, dass das Gesetz geändert wird. Daher ist die Offensive des Hauptverbands für ihn auch eine gute Nachricht. Dadurch würden viele Nutzer erleben, was sie mit einer Signatur alles machen könnten, meinte er gegenüber heise online. 2008 müssten sie dann auf die kostenpflichtigen Signaturen von A-Trust umsteigen. Gleichzeitig strebt Butz eine Zusammenarbeit mit dem Hauptverband an.

Unterdessen bietet Microsoft den Städten und Gemeinden die kostenlose egora (E-Government RahmenArchitektur) als Shared Source an. Diese Referenzarchitektur umfasst Module für den elektronischen Aktenlauf wie einen Posteingang, eine Amtssignatur oder die elektronische Zustellung von Bescheiden. Warum Microsoft Österreich egora kostenlos anbietet, kann Geschäftsführer Herbert Schweiger schnell erklären: Das diene der "Absicherung unserer Technologien im Markt". Tatsächlich werden Behörden, die voll auf egora ausgerichtet sind, wohl kaum von heute auf morgen auf Linux und OpenOffice umsteigen.

Zwar kann – vom Kindergeld bis zur Baubewilligung – immer mehr elektronisch beantragt werden, doch bleibt die Inanspruchnahme bescheiden. Wie der Rechnungshof des Bundeslandes Salzburg aufgedeckt hat (Prüfbericht als PDF), haben sich die dortigen Pionierleistungen bislang nicht gelohnt. 850.000 Euro wurden investiert, 60 Verfahren online gebracht. Doch von 2001 bis 2005 gab es gerade einmal 577 Nutzungen, die sich im Wesentlichen auf drei Verfahren konzentrieren.

Auch das ELISA-Projekt zur Digitalisierung des internen Aktenlaufes ist noch kein Erfolg. Rechnungshofdirektor Manfred Müller wies darauf hin, dass sich die Arbeitsabläufe in den Landesbehörden ändern müssten, wolle man über die Digitalisierung mittelfristig Einsparungen erzielen. Doch solche Einsparungen sind bisher nicht einmal erklärtes Ziel. Vielmehr wurden schon 2002 Softwarelizenzen für 550 Arbeitsplätze gekauft, was bis Frühjahr 2006 etwa 720.000 Euro gekostet hat. Anschluss an ELISA haben aber nur 141 Arbeitsplätze gefunden. (Daniel AJ Sokolov) / (pmz)