Premiere unter Beschuss

Der Münchener Pay-TV-Sender steht momentan wegen Kürzungen im Programm und angeblich sinkender Bildqualität bei seinen HDTV-Ausstrahlungen massiv in der Kritik.

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Von
  • Nico Jurran

Der Münchener Pay-TV-Sender Premiere, der momentan durch Wechsel seines Verschlüsselungssystems auf NDS Videoguard beziehungsweise Austausch seiner Nagravision-Smartcards den illegalen Empfang seines Programms zu beenden versucht, steht momentan massiv in der Kritik. So berichtet das Magazin Focus in seiner aktuellen Ausgabe unter dem Titel "Weniger Sport, weniger Premieren bei Premiere" unter Berufung auf das Blog allesaussersport.de von weitreichenden Kürzungen im Programmangebot des Senders.

Bis zu 140 Fußballübertragungen aus internationalen Ligen würden gestrichen. Auch von der Premier League wolle Premiere nicht mehr vier bis fünf Spiele pro Spieltag zeigen, sondern nur noch drei. Live-Übertragungen der Nascar fielen ebenso dem Rotstift zum Opfer wie die der FIA GT und der FIA GT3. Und schließlich müssten sich auch die Freunde der Leichtathletikreihe Golden League, von Boxkämpfen und vom Rahmenprogramm der Formel 1 und der DTM auf ein kommendes Sparprogramm einrichten.

Der von Focus ebenfalls beschrieben Rückgang der Erstausstrahlungen bei Serien dürfte wiederum durch die Neuaufnahme des Fox Channel ins Filmpaket größtenteils aufgefangen werden. Laut Focus dementierte Premiere-Sprecher Torsten Fricke die Streichliste nicht, gab jedoch an, dass für die Programmentscheidungen das Interesse der Zuschauer maßgeblich sei. Der Sprecher des Senders war für einen weitergehenden Kommentar bislang nicht zu erreichen.

Bei heise online meldeten sich in den vergangenen Tagen zudem Premiere-Kunden, die ihrem Ärger um eine angeblich sinkende Bildqualität bei den HDTV-Ausstrahlungen des Senders Luft machten. Mittlerweile würden nach Angaben der Leser "nur noch Bitraten von 8 MBit/s im Mittel" erreicht, was für einen Pay-HDTV-Sender "absolut inakzeptabel sei und zu sichtbaren Kompressionsartefakten führe". Solche Kritik ist auch in einschlägigen Heimkino-Foren wie Beisammen.de zu finden.

Premiere-Pressesprecher Michael Jachan führte dazu aus, dass für die Ausstrahlung der HDTV-Programme Premieres technischer Dienstleister APS jüngst eine aktuelle, ganz neue HD-Encodergeneration eingeführt habe. Diese neuen Encoder arbeiteten deutlich effektiver als die bisherigen, was zu einer gleichbleibende Bildqualität bei insgesamt effizienterer Nutzung der zur Verfügung stehenden Gesamtbandbreite führe. APS sei laut Jachan hier immer auf dem neuesten Stand und setzte dementsprechend – nach eingehender Prüfung – immer die neueste Technik für die HD-Ausstrahlung ein.

Die neue Encodergeneration passe die jeweils benötigte Bandbreite im statistischen Multiplex sehr schnell dem jeweiligen Bildinhalt an, wobei die benötigte Datenrate framegenau dem jeweiligen Service zur Verfügung gestellt werde. Somit habe eine stichpunktartig gemessene Datenrate ohne eine Relation zum Bildinhalt – wie dunkle Inhalte mit wenig Details und wenig Kamerabewegung gegenüber zum Beispiel Aufnahmen auf Großbaustellen mit vielen Details und langsamen Kameraschwenks – wenig Aussagekraft.

"Ausschlaggebend für die Bildqualität ist die komplette Signalkette von der Produktion, Postproduction, die Signalzuführung zum Sendezentrum, die Signalverarbeitung, die Signalverbreitung über Kabel, Satellit und IPTV, Empfang und Dekodierung im Empfangsgerät bis hin zur Qualität des Displays", betonte Jachan. Es komme außerdem darauf an, mit welchem HD-Receiver der Zuschauer Premiere HD empfängt. Der Empfang von Premiere HD ist nur mit einem Receiver "Geeignet für Premiere HD" erlaubt, nur für diese Geräte übernehme Premiere die Garantie zum reibungslosen Empfang von Premiere HD.

"Die Kritik, vor allem in diversen Foren, bezieht sich fast immer auf die Bitrate, aber wie eben geschildert, greift die einfache Gleichung 'weniger Bitrate = schlechteres Bild' zu kurz – zumal hier auf Messungen zurückgegriffen werde, bei denen nicht einmal bekannt ist, wie im Detail gemessen wird. Entscheidend ist und bleibt unserer Ansicht nach der tatsächliche Bildeindruck – und der ist sowohl aus unserer Sicht wie auch von Kunden nach wie vor auf einem sehr hohen Niveau", lautet Jachans Fazit. (nij)