Streit um Informantenschutz für Arbeitnehmer

Eine Normänderung im BGB soll den Informantenschutz für Arbeitnehmer verbessern. Derzeit sieht es danach aus, als würde die "Whistleblower-Norm" zwischen den beiden großen Regierungsparteien zerrieben.

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Eine Normänderung im BGB soll den Informantenschutz für Arbeitnehmer verbessern. Ein abgeschlossenes Meinungsbild ist nach der Anhörung in der vergangenen Woche unter den Bundestagsabgeordneten noch nicht zu finden. Derzeit sieht es danach aus, als würde die "Whistleblower-Norm" zwischen den beiden großen Regierungsparteien zerrieben.

Bundesverbraucherminister Horst Seehofer hatte angekündigt, innerhalb der CDU/CSU-Fraktion Mehrheiten für den Informantenschutz zu beschaffen, doch die Unterstützung dort bröckelt unter dem Eindruck der klaren Ablehnung seitens der Arbeitgeberverbände: Julia Klöckner aus der CDU-Arbeitsgruppe Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz im Bundestag, fürchtet, dass eine Neuregelung des Paragrafen 612a BGB das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer "erheblich stören" könnte. Wie auch der Bundesverband der Deutschen Arbeitgeber fürchtet sie vor allem die subjektive Entscheidungsfreiheit der Arbeitnehmer. Sie sollen sich nämlich an Dritte wenden können, wenn sie nicht an eine ausreichende innerbetriebliche Abhilfe glauben.

Die CDU-Abgeordnete Gitta Connemann vom Ausschuss für Arbeit und Soziales lehnt die geplante Normänderung wegen möglichen Denunziantentums ab. Es würden die Motive des Arbeitnehmers für eine Anzeige nicht berücksichtigt, damit lasse sich das Anzeigerecht missbrauchen. Auch würde die innerbetriebliche Klärung faktisch abgeschafft, wenn es dem Arbeitnehmer überlassen bliebe, ob er sich um eine solche bemüht. Connemann meint, die geltende Rechtsprechung biete Arbeitnehmern ausreichenden Schutz, wahre die Rechte anderer Arbeitnehmer sowie des Arbeitgebers, da sie "klare Kriterien" herausgearbeitet habe, die eine Anzeige zulässig machen.

Die SPD-Fraktion unterstützt die Normänderung mit gewerkschaftlicher Rückendeckung. Die zuständige Berichterstatterin der Fraktion, Marlies Volkmer, meint, der Vorschlag sorge für mehr Rechtssicherheit und -klarheit. Arbeitnehmer müssten sich in Bagatellfällen und bei Ordnungswidrigkeiten zunächst um eine innerbetriebliche Klärung bemühen. An die zuständigen Behörden sollen sich Arbeitnehmer erst dann wenden dürfen, wenn "unmittelbare Gefahren für Leben und Gesundheit" drohen, "Straftaten begangen werden oder konkrete Anhaltspunkte bestehen, dass eine innerbetriebliche Abhilfe bei anderen Gesetzesverstößen nicht erfolgt".

Die Oppositionsparteien FDP, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke begrüßen zwar den Vorschlag, sehen jedoch Nachbesserungsbedarf. Hans-Michael Goldmann von der FDP meint, die Umstände, die ein Anzeigerecht auslösen, seien nicht klar gefasst, und auch nicht, was eine "zuständige außerbetriebliche Stelle" sei. So sollten sich Arbeitnehmer zwar an Staatsanwaltschaft oder Gewerbeaufsicht wenden können, nicht aber an Gewerkschaften oder Medien. Der bei den Grünen für das Thema zuständige Chistian Ströbele fordert, ähnlich wie bei der Reform des Parlamentarischen Kontrollgremiums sollten Whistleblower auch ohne vorhergehende interne Abhilfeversuche umgehend Externe informieren dürfen. Alternativ könnte auch klargestellt werden, dass ein nur einmaliger interner Abhilfeversuch ausreichen muss. Außerdem sollte ein Benachteiligungsverbot ausdrücklich geregelt werden.

Für Karin Binder, verbraucherpolitische Sprecherin der Linken, bietet der Entwurf keinen ausreichenden Schutz vor negativen persönlichen Folgen, seien sie arbeitsrechtlicher, gesundheitlicher, familiärer oder finanzieller Natur. Immerhin solle mit der Regelung ein anerkanntes Anzeigerecht geschaffen werden. Problematisch sei aber, dass der Hinweisgeber in einem arbeitsrechtlichen Verfahren die Nachweispflicht für eine angezeigte Straftat hätte. Das sei von Nicht-Juristen kaum zu leisten, die bisherige arbeitnehmerfeindliche Rechtsprechung würde damit bestätigt. Insofern sprechen sich Binder wie auch Ströbele für ein Wahlrecht des Arbeitnehmers zwischen interner und externer Beschwerdestelle aus.

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(Christiane Schulzki-Haddouti)

Hinweis: Die Autorin ist freie IT- und Medienjournalistin und war bis zum vergangenen Wochenende Vorstand im Whistleblower-Netzwerk e.V. (anw)