Studie: Parteien entdecken nach und nach das Internet

Die Präsenz von Politikern in sozialen Netzwerken wie StudiVZ und Facebook nahm in den vergangenen Monaten zu, liegt aber laut einer Studie immer noch auf einem eher niedrigen Niveau.

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Von
  • dpa

Parteien und Spitzenpolitiker in Deutschland nehmen laut einer Studie auch im Internet Kurs auf die Bundestagswahl im Herbst. Ihre Präsenz in sozialen Netzwerken wie StudiVZ und Facebook nahm in den vergangenen Monaten zu, liegt aber immer noch auf einem eher niedrigen Niveau. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung der Online-Agentur newthinking communications, die heute in Berlin veröffentlicht wurde. "Über allem weht ein Hauch von Obamania", heißt es in der Studie mit Blick auf den Internet-Wahlkampf des künftigen US-Präsidenten Barack Obama. Noch sei aber nicht abzusehen, ob deutsche Parteien und Politiker im Superwahljahr 2009 dessen erfolgreiche Strategie nachahmen können.

Ein kräftiges Wachstum bei den Mitgliederzahlen verzeichneten die "Gruppen" der Parteien in den vergangenen Wochen auf Facebook. In diesem aus den USA stammenden Netzwerk können Mitglieder online Freunde werben, Organisationen unterstützen und sich dabei gegenseitig über ihre Aktivitäten auf dem Laufenden halten. Im Wahlkampf kann dies ein effizientes Mittel sein, um Unterstützer zu mobilisieren. Spitzenreiter ist laut der Studie die SPD vor den Grünen und der Linkspartei (Stand: 29. 12. 2008). Etliche Politiker sind auch individuell mit Profilen in den Netzwerken vertreten: SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier kam heute auf 752 Unterstützer bei Facebook – für Obama sind es fast 3,7 Millionen.

Auch die Video-Plattform YouTube sei beliebt, hieß es. Sie ist weniger interaktiv, mit ihr können sich Politiker aber über das Internet direkt an die Wähler wenden. Noch eher ein Geheimtipp für deutsche Kandidaten ist laut Studie dagegen Twitter – ein Angebot, mit dem kurze Nachrichten zum Beispiel als SMS per Handy verschickt und von allen Interessierten im Internet gelesen werden können. Vor wenigen Tagen hat der hessische SPD-Spitzenkandidat Thorsten Schäfer- Gümbel Twitter für sich entdeckt: Am Mittwochmorgen begrüßte er seine Anhänger mit der Nachricht "Minus 21 Grad und ein langer Tag im Blick. Hoffentlich halten wir den Zeitplan."

"Eine eigene Facebook-Seite, ab und an bei YouTube ins Internet sprechen und vielleicht ein eigenes Blog oder ein Twitter-Account werden zur Standardausstattung aller halbwegs motivierten Kandidatinnen und Kandidaten für politische Mandate gehören", prophezeit Markus Beckedahl, einer der Autoren der Studie. Beckedahl zählt mit netzpolitik.org zu den bekanntesten Bloggern in Deutschland. Er rechnet damit, dass das Internet erst in der heißen Phase vor der Bundestagswahl intensiv als Wahlkampfinstrument genutzt wird – zu spät, um sich eine kritische Masse an Anhängern aufzubauen. "Das ist ein langfristiger Prozess", erläutert Beckedahl. In den USA hätten die Kandidaten zwei Jahre vor der Wahl damit begonnen. (anw)