US-Berufungsgericht erklärt Abhören ohne Richtergenehmigung für legal

Ein Spezialgericht hat den inzwischen ausgelaufenen "Protect America Act" für rechtmäßig erklärt, welcher der NSA und anderen Sicherheitsbehörden das Abhören der internationalen Telekommunikation ohne Richtererlaubnis gestattete.

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Ein US-Berufungsgericht hat den inzwischen ausgelaufenen "Protect America Act" (PAA) für rechtmäßig erklärt. Das Überwachungsgesetz gestattete der National Security Agency (NSA) und anderen US-Sicherheitsbehörden das Abhören der internationalen Telekommunikation ohne Richtererlaubnis. Es handelte es sich dabei um eine Übergangslösung zur Neufassung des Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA), die von August 2007 bis Februar 2008 in Kraft war. Ein US-Telekommunikationskonzern hatte gegen die darin enthaltenen Auflagen zur Mithilfe bei der Beschattung auch von US-Bürgern geklagt, da er verfassungswidrige Verstöße gegen die Rechte seiner Kunden fürchtete. Der weitgehend im Geheimen agierende FISA Court of Review (FISCR) befand in seinem jetzt veröffentlichten Urteil (PDF-Datei) vom August vergangenen Jahres zu dem Fall aber, dass die Regierung ausreichend Schutzvorkehrungen gegen eine willkürliche Beschnüffelung von Nutzern im Anti-Terrorkampf getroffen habe.

Der Gesetzgeber habe "mehrere Ebenen handhabbarer Sicherungen" in den PAA eingebaut, schreibt Bruce Selya, Chefrichter des Berufungsgerichts, in der Begründung der Entscheidung. Damit würden Individuen ausreichend vor ungerechtfertigtem Schaden bewahrt. Einzelne gestattete Eingriffe in die Grundrechte seien im Streben nach dem Schutz der inneren Sicherheit verhältnismäßig. Auf diesem Weg sollte die Regierung nicht unnötig "frustriert" werden durch die Gerichte, befand Selya und wies die Klage ab. Die Argumente des Klägers tat die Kammer als "Lamento über das Risiko" ab, "dass Regierungsvertreter nicht nach Treu und Glauben handeln". Diese Gefahr aber bestehe auch, wenn eine Richtergenehmigung vorgeschrieben wäre.

Das Urteil bezieht sich zwar zunächst allein auf ein nicht mehr aktuelles Gesetz. Inzwischen gilt eine weitere, aber nicht weniger umstrittene Ergänzung des Abhörgesetzes, die den Hilfssheriffs der US-Sicherheitsbehörden Straffreiheit zusichert. Bürgerrechtler haben gegen die entsprechende Immunitätsklausel Klage erhoben. Der Beschluss dreht sich auch nicht direkt um das Abhörprogramm der Bush-Regierung, das schon vor der gesetzlichen Regelung im PAA der NSA einen Freibrief für das Abhören der Telefon- und Internetkommunikation ohne Richtererlaubnis ausstellte. Dennoch feiert die auslaufende republikanische Administration das Urteil als Bestätigung ihrer harten Linie bei der Terrorismusbekämpfung.

Die Bürgerrechtsbewegung Electronic Frontier Foundation (EFF) ist besorgt, dass erstmals grundlegende Datenschutzbestimmungen der US-Verfassung "eliminiert" worden seien. Stattdessen habe das Gericht der Geheimniskrämerei der Bush-Regierung bei Überwachungsfragen die Absolution erteilt. Dass dabei auch Unverdächtige und Begleitpersonen ins Fangnetz der Geheimdienste geraten, habe bei den Richtern offensichtlich nicht die Alarmglocken schrillen lassen. Stattdessen werde eine Theorie des reinen Vertrauens in Regierungshandeln gepredigt, was für künftige Gerichtsentscheidungen im Streit um das Abhörprogramm wenig Gutes bedeuten könnte. (Stefan Krempl) / (jk)