US-Regierung veröffentlicht Details über geplantes Anti-Piraterieabkommen
Das von führenden Industrienationen geplante Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) will laut einer Zusammenfassung des US-Handelsbeauftragten Grenzkontrollen und Beschlagnahmemöglichkeiten verschärfen.
Die US-Regierung hat auf wachsenden Druck zivilgesellschaftlicher Organisationen ihre Linie der Geheimhaltung des geplanten internationalen Anti-Piraterie-Abkommens ACTA (Anti-Counterfeiting Trade Agreement) gelockert und am gestrigen Montag einen Überblick (PDF-Datei) über die derzeit diskutierte Struktur des angeblich noch nicht fertigen Vertragsentwurfs freigegeben.
Der offizielle Auszug deckt sich teils mit Informationen, die zuvor bereits an die Öffentlichkeit gelangt waren. Demnach wollen die beteiligten Industrienationen im Kampf gegen die Produktpiraterie vor allem Grenzkontrollen verschärfen und Beschlagnahmemöglichkeiten ausbauen. Auf Initiative der USA und Japans sind die EU-Länder sowie Kanada, die Schweiz und aufstrebende Länder wie Mexiko und Marokko an den Verhandlungen beteiligt.
Der erste Abschnitt des heftig umstrittenen Abkommens bezieht sich nach Auskunft des US-Handelsbeauftragten auf zivilrechtliche Maßnahmen. Dabei gehe es zunächst um die Klärung, welche Rechte an immateriellen Gütern erfasst werden sollen, sowie um die Festsetzung "angemessener Schadensersatzforderungen". Weiter sollen den Rechteinhabern einheitliche Rechtsmittel an die Hand gegeben werden. Zusätzlich sind "vorsorgliche Maßnahmen" wie die Beschlagnahme von Gütern oder Beweismaterialien vorgesehen, wie sie auch die EU-Richtlinie zur besseren zivilrechtlichen Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte bereits größtenteils vorsieht.
Weiter geht es bei ACTA um Maßnahmen im grenzüberschreitenden Güterverkehr und die Befugnisse des Zolls sowie anderer Behörden. Hier sollen Verfahren etabliert werden, mit denen Rechteinhaber bei zuständigen Behörden erreichen können, dass etwa gefälschte Güter an den Grenzen gestoppt werden. Darüber hinaus sollen Zollbeamte mit Befugnissen ausgestattet werden, den Import solcher Güter selbstständig zu unterbinden. Ferner geht es um Maßnahmen wie die Zerstörung von Piraterieprodukten, um diese nicht gegen den Willen der Rechtehalter wieder in Umlauf zu bringen, und um Kostenfragen.
Für strafrechtliche Maßnahmen, auf die sich die EU-Mitgliedsstaaten bislang nicht einigen konnten, sollen zunächst quantitative und qualitative Hürden und Sanktionen abgesteckt werden, etwa wann die Behörden auf eigene Initiative tätig werden können, ohne dass eine konkrete Beschwerde eines Rechteinhabers vorliegt. Dann werden wie im Zivilrecht Fragen zu Durchsuchungen, Beschlagnahmen und Zerstörungen illegal kopierter oder gefälschter Güter abgehandelt. Dazu kommt die geplante Einführung einer Strafvorschrift für die illegale Aufzeichnung von Kinovorführungen.
Offen ist laut dem sechsseitigen Papier noch der vierte Abschnitt zur "Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte in der digitalen Welt". Dabei soll es auch um die "Rolle und Verantwortung" der Zugangs- und Diensteanbieter gehen. Ein Entwurf liege dafür noch nicht vor, derzeit werde noch die geltende Rechtslage in den teilnehmenden Staaten sondiert. Die abschließenden Kapitel sollen sich auf die Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit mit einem verstärkten Datenaustausch und einer Fachausbildung der Behörden beziehen. (Stefan Krempl) / (vbr)