Rot-Grün erweitert Befugnisse des BND

Datenschützer und Anwälte kritisieren die Novelle des Verbrechensbekämpfungsgesetzes.

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Eigentlich forderten die obersten Verfassungshüter der Republik eine deutlich verbesserte Kontrolle der Lauscher, als sie ihr Urteil am 14. Juli 1999 verkündeten. Es ging um das Verbrechensbekämpfungsgesetz bzw. das G-10-Gesetz, das 1994 verschärft worden war. Mitte Januar legte das Bundeskabinett das überarbeitete Gesetz samt Begründung vor.

Sönke Hilbrans vom DVD (Deutsche Vereinigung für Datenschutz e.V.) und Wolfgang Kahleck vom RAV (Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein) bezeichneten in einer gemeinsamen Erklärung die Novelle als "Verschlimmbesserung". Die Bundesregierung habe mit der Überarbeitung die Befugnisse des Bundesnachrichtendienstes (BND) erneut erweitert. Sie kritisierten vor allem, dass nunmehr nicht nur Satelliten- und Funkverbindungen ohne Anlass abgehört werden könnten, sondern auch der internationalen Leitungsverkehr.

In der Gesetzesbegründung heißt es, dass sich die Beschränkung auf Satellitenverkehr und Richtfunkverkehr aus der Situation, die der Gesetzgeber 1994 vorgefunden hat, erkläre. Damals erschien die Beschränkung auf Satellitenverkehr und Richtfunkverkehr "ergiebig genug", um Erkenntnisse gewinnen zu können. Inzwischen spiele jedoch Richtfunkverkehr in Mitteleuropa so gut wie keine Rolle mehr. Der Anteil des Satellitenverkehrs an der internationalen Telekommunikation nimmt seit 1997 rapide ab. In einigen Regionen liegt er unter 10 Prozent.

Eine Trendwende wollen die Datenschützer und Rechtsanwälte in der Novellierung nicht sehen. Die strategische Fernmeldeüberwachung habe sich in der Kohl-Kanther-Zeit von einem Ausnahmeinstrument der Außen- und Sicherheitspolitik zu einem gesetzlichen Normalfall für viele Bedrohungslagen der inneren Sicherheit entwickelt. Hinzu kommen nun mit der Novelle neue Überwachungsziele: Geiselnahmen im Ausland oder die Vorbereitung von Partei- und Vereinsverboten. Auch Zufallsfunde über Castor-Gegner und -Gegnerinnen oder Neofaschisten können nun den Weg zu den Polizeibehörden finden. Damit verliere jedoch die Trennung von Polizei und Geheimdiensten weiter an Bedeutung.

Mehr in Telepolis: Mit dem Staubsauger durch den Telekommunikationsverkehr (Christiane Schulzki-Haddouti) (ame)