Ausstellung zur Kommunikationsüberwachung in der DDR

Einblicke in den Überwachungsapparat der DDR gibt eine Ausstellung im Frankfurter Kommunikationsmuseum.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 308 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Einblicke in den Überwachungsapparat der DDR gibt eine Ausstellung im Frankfurter Kommunikationsmuseum. Ein offenes Geheimnis -- Post und Telefonkontrolle in der DDR ist nach Berlin ab Donnerstag in Frankfurt am Main zu sehen. Nach dem 19. Januar 2003 wandert die Ausstellung weiter nach Hamburg und Leipzig. Die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen Marianne Birthler sagte laut dpa bei der Vorbesichtigung am Mittwoch, die Ausstellung, die in Zusammenarbeit mit dem Museum in der "runden Ecke" Leipzig entstanden ist, sei "ein Schlüssel, das System der DDR zu verstehen".

Die Kommunikationsmuseen und die Stasi-Unterlagenbehörde haben gemeinsam recherchiert, um "erstmals umfassend Struktur, Methoden und Ausmaß der Überwachung" offen zu legen, wie Museumsdirektor Helmut Gold sagte. Zu sehen sind neben eingezogenen und geöffneten Briefen, Karten, Telegrammen und Paketen auch Maschinen zum Aufdampfen des Klebeverschlusses, Geräte zum Neufüllen von geleerten Zahnpastatuben, Nachschlüssel zu privaten Briefkästen und Abhörgeräte für Telefone.

Die Ausstellungsstücke sollen Einblick in die organisatorischen und technischen Arbeitsabläufe geben, in die auch die Deutsche Post der DDR verwickelt war. Die Auswirkung der Überwachung auf das Kommunikationsverhalten der Menschen in Ost und West wird in zahlreichen Dokumenten widergespiegelt. Durch die Gestaltung soll das Gefühl allgegenwärtiger Kontrolle für die Besucher erfahrbar werden. Die Ausstellung ist nämlich als begehbarer Container konzipiert: "Nimmt man in der Außenansicht den Alltag der Menschen in der DDR wahr, blickt man im Innern des Containers hinter die Kulissen der Staatssicherheit", heißt es in der Ausstellungsankündigung.

Das Ausmaß der Kontrolle war gigantisch: Briefe und Telefonate ins Ausland wurden komplett überwacht, Sendungen und Gespräche innerhalb der DDR größtenteils. Den Bürgern sei dies durchaus bewusst gewesen, berichtete Ex-DDR-Bürgerin Birthler, "wenn auch nicht in diesem Ausmaß". DDR-weit seien rund 4300 hauptamtliche Mitarbeiter der Stasi mit Postkontrollen und der Telefonüberwachung beschäftigt gewesen. Täglich seien rund 90.000 Briefe gelesen worden. Allein in Ost-Berlin hätten 20.000 Leitungen gleichzeitig abgehört werden können.

Die Stasi habe damit "tief in die Biografien der Bürger eingegriffen", sagte Birthler, indem sie Fluchten verhinderten oder zurückgebliebene Angehörige über das Schicksal der Geflohenen im Unklaren ließen. Sie unterbanden Ost-West-Liebesbeziehungen und unterdrückten die Meinung Andersdenkender. Motiv der Überwachung war die Furcht vor dem Machtverlust der DDR, so Birthler. Gold interpretiert die Totalüberwachung als "paranoiden Charakterzug".

Geldsendungen seien als Devisenquelle geplündert worden, sagten die beiden Projektleiterinnen. Allein zwischen 1984 und 1989 hätten die Kontrolleure Schätzungen zufolge rund 32 Millionen D-Mark aus Briefen gestohlen. Unterschlagen wurden aber auch scheinbar harmlose Dinge wie Postkarten mit Mauer-Motiv - sie wurden als politische Propaganda betrachtet und vernichtet.

(Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 9.00 bis 17.00 Uhr, Samstag und Sonntag 11.00 bis 19.00 Uhr. Der 242 Seiten starke Katalog kostet 17,80 Euro.) (anw)