SonicBlue muss Kunden ausspionieren

Ein US-Gericht hat angeordnet, dass der Hersteller des digitalen Videorecorders ReplayTV 4000 "jeden Click" der Anwender protokollieren muss.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 268 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Eckhard Paul

SonicBlue, Hersteller des bisher nur in den USA vertriebenen digitalen Videorecorders ReplayTV 4000, soll künftig auf gerichtliche Anordnung hin das TV-Konsumverhalten seiner Kunden lückenlos protokollieren und seinen Prozessgegnern offenlegen. Mehrere Fernsehsender und Filmstudios hatten SonicBlue mit der Begründung verklagt, der ReplayTV-Recorder sowie mit dem Gerät angebotene Dienstleistungen trügen zu Urheberrechtsverletzungen bei.

Das Unternehmen müsse jede greifbare Information zur Verfügung stellen, verfügte der Oberste Bezirksrichter Charles F. Eick in Los Angeles laut einem Bericht der Tageszeitung San Jose Mercury News. Jede aufgenommene Sendung, jeder übersprungene Werbespot und jedes Versenden einer Kopie an einen Dritten seien zu registrieren. SonicBlue entgegnete, das Gerät erfasse solche Daten nicht. Daraufhin ordnete Richter Eick der Zeitung zufolge an, dass das beklagte Unternehmen binnen 60 Tagen eine Software zu erstellen habe, die jeden Click auf der Fernbedienung eines Kunden protokolliere.

Der Richter folgte damit den Forderungen der Klagevertreter. Die hatten vorgetragen, sie benötigten diese Informationen, um zu ermitteln, in welchem Maße der ReplayTV 4000 den Konsumenten das Stehlen von Filmen und Fernsehsendungen ermögliche. Produktmerkmale wie eine "AutoSkip"-Funktion zum Ausblenden von Werbung während der Aufnahme und ein schneller Internetzugang zum Herunterladen und Versenden von Filmdateien sind den Klägern ein Dorn im Auge. Sie befürchten sinkende Werbeeinnahmen und die illegale Weitergabe von kostenpflichtigen "Premium"-Inhalten.

Die Gerichtsentscheidung hat massive Proteste hervorgerufen. "Das ist ein unglaubliches Eindringen in die Privatsphäre", zitiert San Jose Mercury News einen Sprecher der Electronic Frontier Foundation. SonicBlue-CEO Ken Potashner bezeichnete es als "sehr bedrückend", dass von seiner Firma verlangt werde, die Privatsphäre ihrer Kunden zu verletzen. Eine Sprecherin der Disney-Studios warf Potashner daraufhin vor, er stelle den Charakter der Gerichtsentscheidung völlig falsch dar. Disney wolle lediglich Zugang zu den Daten, welche SonicBlue nach ihren eigenen Datenschutzregeln ohnehin zu sammeln beabsichtigte. "Wir respektieren die Privatsphäre, müssen aber unsere vom Urheberrecht geschützten Inhalte und somit den Lebensunterhalt aller daran Beteiligten sichern", so die Disney-Sprecherin.

Umstritten ist, ob die geforderten Protokolle die Identifizierung der Kunden ermöglichen werden. Die Disney-Sprecherin versichert, das sei nicht der Fall. Demgegenüber betont die Zeitung in ihrem Bericht ausdrücklich, dass das Gericht SonicBlue verpflichtet habe, alle Daten mit eindeutigen ID-Nummern zu versehen. Damit dürfte zumindest in bestimmten Fällen, etwa durch Verknüpfung mit Abrechnungsdaten von Premium-Kunden, die Ermittlung der Identität möglich sein. (ecp)