Gericht präzisiert Haftung für Betreiber von Internet-Foren

Das Landgericht Köln nimmt in einem Urteil Stellung zu den Grenzen der Meinungsfreiheit im Internet und zur Haftung von Foren-Betreibern.

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Von
  • Joerg Heidrich

Das Landgericht Köln hat in einem jetzt veröffentlichten Urteil vom Dezember 2002 (AZ 28 O 627/02) zur Frage der Meinungsfreiheit in Internetforen und der Haftung des Betreibers für Forumseinträge Stellung genommen. Gegenstand des Streits zwischen einem Mobilfunkhändler und den Betreibern einer Website mit Informationen zu Telefon- und Internet-Tarifen waren Äußerungen in dem Forum des Internet-Angebots, die sich kritisch mit dem Geschäftsgebaren des Händlers auseinander setzen. In diesen Postings hatten User von ihren eigenen schlechten Erfahrungen mit dem Unternehmen berichtet und anderen Teilnehmern mit ähnlichen Erlebnissen zu Klagen und Strafanzeigen geraten.

Der Händler sah darin grob geschäftsschädigende Inhalte sowie einen Eingriff in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und verlangte von dem Antragsgegner vor Gericht die Entfernung der Beiträge. Hierzu sei dieser als Betreiber des Forums nach dem Teledienstgesetz (TDG) verpflichtet, da er Beiträge auf strafbare und rechtswidrige Inhalte hin zu überprüfen und diese zu entfernen habe.

Das Kölner Landgericht folgte dieser Argumentation nicht und wies den Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung als unbegründet zurück. Nach der Auffassung der Richter findet die grundsätzlich bestehende Meinungsäußerungsfreiheit erst dort ihre Grenze, wo die Schwelle zur Schmähkritik überschritten ist. Dies sei dann gegeben, wenn mit einer bestimmten Äußerung primär die Schädigung des Betroffenen bezweckt sei. Eine solche Absicht konnte das Landgericht jedoch in den Postings nicht entdecken.

Vielmehr hätten die Forenbeiträge nur konkrete Erfahrungen der Kunden in der Geschäftsabwicklung mit dem Händler wiedergegeben, aus denen die Kunden wiederum ihre Schlüsse gezogen hätten. Daher läge in dem konkreten Fall auch kein pauschaler Boykottaufruf vor, sondern es würden lediglich "Ratschläge" für diejenigen erteilt, die ähnliche Erfahrungen mit dem Händler gemacht haben. Dies sei rechtlich nicht zu beanstanden.

Auch der Argumentation des Mobilfunkhändlers, der Foren-Anbieter sei zu einer Überprüfung von Postings verpflichtet, folgte das Gericht nicht. Als Diensteanbieter im Sinne der Paragrafen 9 bis 11 TDG sei der Betreiber nicht verpflichtet, die von ihm übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Ein Anbieter sei vielmehr erst nach Kenntniserlangung von dem Inhalt gemäß Paragraf 11 Ziff. 1 TDG zur Überprüfung verpflichtet. Eine solche Kenntnis konnte dem Betreiber in dem Verfahren aber nicht nachgewiesen werden.

Der Vertreter des Forumsbetreibers, Rechtsanwalt Oliver Brexl, begrüßte gegenüber heise online das Urteil: "Das Landgericht Köln hat mit seiner Entscheidung einen wichtigen Beitrag für die Schaffung von mehr Rechtssicherheit im Bereich der Online-Dienste geleistet". Anders als einige andere Gerichte habe es den Willen des Gesetzgebers respektiert und den Wortlaut des Teledienstegesetzes ernst genommen.

Das Urteil des Kölner Gerichts stellt eine der ersten Entscheidungen zur Betreiberhaftung für Internetforen auf Basis des neuen TDG dar. Vor der Reform dieses Gesetzes gab es vor allem bei den Betreibern von Gästebüchern erhebliche Rechtsunsicherheit. Eine ganze Reihe von Gerichten hatten in der Vergangenheit die regelmäßige Kontrolle von solchen Angeboten gefordert und deren Inhaber in Fällen der Versäumnis einer Überwachung für rechtswidrige Inhalte verantwortlich gemacht. Diese Rechtsprechung dürfte inzwischen überholt sein. (Joerg Heidrich) / (hob)