Korruptionsvorwürfe wegen IT-Projekt bei der Bundeswehr

Ein Konsortium aus Siemens, T-Systems und IBM soll mit unzulässigen Absprachen andere Firmen aus einem millardenschweren Beschaffungsprojekt der Bundeswehr gedrängt haben.

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Ein Konsortium aus Siemens, T-Systems und IBM soll mit unzulässigen Absprachen andere Firmen aus einem millardenschweren Beschaffungsprojekt der Bundeswehr gedrängt haben. Der Bundesrechnungshof geht derzeit entsprechenden Hinweisen nach. Im Zuge der Neustrukturierung der Informationstechnologie der Bundeswehr im Rahmen des Herkules-Projektes kam es vermutlich zu "Bestechungen, Begünstigungen und unzulässigen Absprachen", so die Rechnungsprüfer in einem Schreiben an das Bundesverteidigungsministerium, das der Tageszeitung Die Welt vorliegt. Gegenüber heise online bestätigte ein Sprecher des Bundesrechnungshofes den Vorgang.

Das auf zehn Jahre angelegte Herkules-Projekt mit einem Volumen von 6,5 Milliarden Euro soll die IT-Infrastruktur bei Heer, Luftwaffe und Marine modernisieren. Die Rechenzentren der Bundeswehr sollen von derzeit 360 Einzellösungen auf SAP R/3 umgestellt werden. Zudem werden alle Endgeräte erneuert, die für die Kommunikation innerhalb der Kasernen sorgen. Auch das Datennetz zwischen den Bundeswehreinrichtungen sowie die Satelliten-Bodenstationen werden modernisiert. Laut Welt am Sonntag bietet das Telekom-Konsortium ein einziges Netz; ein anderer Bewerber will aus Sicherheitsgründen zwei voneinander getrennte Netze einrichten.

Herkules gilt als eines der größten Outsourcing-Projekte. Neben Siemens, T-Systems und IBM bewarb sich auch das EDV-Beratungsunternehmen CSC Ploenzke gemeinsam mit Mobilcom und dem Rüstungs- und Airbuskonzern EADS um den lukrativen Auftrag. Am 28. Juni 2001 wurde das Vergabeverfahren mit der Veröffentlichung des Teilnahmewettbewerbs gestartet. Bis zum 30. November 2001 mussten die Bieter Angebote abgeben, die bis Ende Februar 2002 ausgewertet wurden. Bis Juni 2002 läuft noch mit dem besten Anbieter das Verhandlungsverfahren, die endgültige Entscheidung soll Anfang Juli 2002 erfolgen.

Das Firmenkonsortium soll mit der Bundeswehr eine gemeinsame Firma gründen, an der die Bundeswehr einen Minderheitsanteil von 49,9 Prozent halten wird. Die Firma kann dann sowohl das Netz als auch die Dienstleistung der Bundeswehr-Rechenzentren an Dritte vermarkten. In Frage kämen Behörden wie das Auswärtige Amt oder der Bundesgrenzschutz, ebenso Unternehmen wie Banken und Flughäfen. Gegenüber unerwünschten Kunden hat sich die Bundeswehr allerdings ein Vetorecht gesichert, ebenso ein Vorkaufsrecht auf die 50,1 Prozent der IT-Gesellschaft.

Dietrich Austermann, Haushaltsprecher der CDU/CSU-Fraktion im deutschen Bundestag, kritisierte heute in einer Mitteilung, dass die "Kriterien der Vergabe nicht exakt zu greifen" seien. Für CDU-Sprecher Dietrich Austermann stellt sich angesichts dieses Vorhabens die Frage, ob "demnächst die ganze Bundeswehr im Leasingverfahren vergeben" wird. Er vermutet hinter dem Vorgehen die Einsparungen im Haushalt in Höhe von etwa 320 Millionen Euro. Austermann erinnert auch daran, dass in der nächsten Woche der Fuhrpark der Bundeswehr an eine Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn AG ohne Ausschreibung vergeben wird -- das Auftragsvolumen schätzt er auf "sicher einige 100 Millionen Euro". "Nachvollziehbare Kalkulationsunterlagen" lägen bis heute nicht vor, der "Eindruck rechtswidrigen Vorgehens" sei "kaum zu vermeiden". Austermann klagte zudem gegenüber der Welt, dass der für die deutsche Wirtschaft so wichtige Mittelstand kaum eine Chance habe.

Der Bundesrechnungshof fordert nun von Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) eine Klärung des Vorwurfs, "dass das Vergabeverfahren beim Projekt Herkules nicht ordnungsgemäß und daher rechtlich nicht zulässig sei". Vermutlich waren es Mitarbeiter des Bundesamtes für Wehrtechnik und Beschaffung in Koblenz, die den Rechnungshof in einem anonymen Schreiben auf die Vorgänge im Projekt Herkules aufmerksam gemacht haben. (Christiane Schulzki-Haddouti) / (jk)