Oliver Kahn gegen Electronic Arts -- 2:1

Oliver Kahn obsiegt auch in zweiter Instanz gegen den Computerspielehersteller Electronic Arts; das Persönlichkeitsrecht des Nationaltorhüters werde durch das Spiel "FIFA Fußballweltmeisterschaft 2002" verletzt.

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Von
  • Dr. Andreas Lober

Oliver Kahn obsiegt auch in zweiter Instanz gegen den Computerspielehersteller Electronic Arts (EA). Das Oberlandesgericht Hamburg hat die Berufung von EA zurückgewiesen und damit das Landgericht Hamburg bestätigt. Dieses hatte im vergangenen Frühjahr entschieden, dass das Persönlichkeitsrecht des Nationaltorhüters durch das Spiel "FIFA Fußballweltmeisterschaft 2002" verletzt werde.

Electronic Arts hatte zwar von der Spielervereinigung FIFpro das Recht zur Nutzung des prominenten Namens lizenziert, konnte aber nicht nachweisen, dass die FIFpro ihrerseits überhaupt Rechteinhaberin war. Daher versuchte es Rechtsanwalt Jan Pohle, Prozessvertreter des Spieleproduzenten, mit einem juristischen Fallrückzieher: Da es bei dem betroffenen Spiel um ein zeitgeschichtliches Ereignis gehe, sei die Darstellung einer Person der Zeitgeschichte lizenzfrei möglich.

Eine juristisch hochinteressante Frage, die das Landgericht seinerzeit kurz abbügelte, indem es die Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegend als "besonders schwerwiegend" ansah: Grund: Das digitale Ebenbild des Torhüters sei per Knopfdruck steuerbar und werde damit zum willenlosen Werkzeug des Spielers. Ob das Oberlandesgericht hier eine juristisch feinsinnigere Argumentation gefunden hat, wird sich erst zeigen, wenn die schriftlichen Urteilsgründe vorliegen. Jedenfalls haben die Hamburger Richter den Weg zum Bundesgerichtshof nach Karlsruhe eröffnet -- ein Zeichen dafür, dass es Anlass für eine grundsätzliche Klärung der hier auftretenden Rechtsfragen gibt.

Jedoch hat auch Kahn nicht auf ganzer Linie obsiegt. Bereits vor dem Landgericht war er mit dem Versuch, auch den TV-Spot zum Spiel als rechtswidrig erklären zu lassen, gescheitert. Die hiergegen eingelegte Berufung nahm dessen Prozessvertreter, der Prominentenanwalt Dr. Matthias Prinz, zurück, nachdem das Oberlandesgericht einen entsprechenden richterlichen Hinweis gegeben hatte.

Ohnehin stritt man sich vor dem OLG um einen alten Hut -- "FIFA Fußballweltmeisterschaft 2002" ist längst aus dem Handel genommen, auch der Nachfolger FIFA 2003 ist mittlerweile passé. Inzwischen steht FIFA 2004 hoch in den Charts, auch wenn mit Pro Evolution Soccer 3 von Konami nach langer Zeit erstmals wieder auch auf dem PC ein mindestens ebenbürtiger Konkurrent für die FIFA-Reihe auf dem Markt ist.

Wie hoch die von Electronic Arts für FIFA 2004 an Kahn entrichteten Lizenzgebühren sind, ist nicht bekannt. Umsonst ist der Sieg jedenfalls nicht: Der logische nächste Schritt für Kahn wäre es nun, nach dem Erfolg vor dem OLG Electronic Arts wegen entgangener Lizenzeinnahmen auf Zahlung zu verklagen. Dies hatte Rechtsanwalt Dr. Prinz bereits im Mai in Aussicht gestellt. Nicht unwahrscheinlich ist natürlich, dass sich die Parteien hier außergerichtlich einigen. Andererseits kommt das nächste FIFA-Spiel zur nächsten WM ebenso sicher wie diese selbst -- daher könnten beide Seiten ein Interesse an der endgültigen Klärung der Streitfrage durch den Bundesgerichtshof haben.

Unklar ist bisher auch, ob Rechtsanwalt Dr. Prinz mittlerweile von anderen Prominenten in ähnlich gelagerten Fällen mandatiert wurde. Im vergangenen Frühjahr hatte er in den Medien von "konkreten Anfragen" berichtet. Die anlässlich des aktuellen OLG-Urteils erfolgte Nachfrage von heise online nach entsprechenden Aufträgen blieb bisher allerdings unbeantwortet, in Branchenkreisen ist davon auch nichts bekannt. Streitigkeiten um Immaterialgüterrechte scheinen aber in diesem Bereich zuzunehmen: So verklagte die Sängerin Lady Kier die japanische Spieleschmiede Sega wegen Verletzung ihres Persönlichkeits- und Urheberrechts durch Space Channel 5, Sega selbst klagte gegen Electronic Arts, weil das Spielprinzip von Simpsons Road Rage vom eigenen Hit Crazy Taxi abgekupfert sei und der Computerspieleentwickler Mythic Entertainment (Dark Age of Camelot) will Microsoft gerichtlich daran hindern, ein neues Rollenspiel unter dem Namen Mythica auf den Markt zu bringen. (Dr. Andreas Lober) / (jk)