EU-Kartellverfahren gegen Microsoft geht in die nächste Runde

RealNetworks wollte vor den Wettbewerbshütern der EU beweisen, dass die Entbündelung des Media Players kein "minderwertiges Windows zur Folge hat; nach Ende der EU-Anhörung liegt die Entscheidung bei der EU-Kommission.

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Von
  • Jürgen Kuri

Nach dem Abschluss der mündlichen Anhörungen im EU-Kartellverfahren gegen Microsoft hofft Wettbewerbskommissar Mario Monti, das Verfahren Anfang 2004 abschließen zu können. Microsoft selbst hat die Anhörung über seine Geschäftspraktiken bei der EU-Wettbewerbsbehörde positiv beurteilt. Microsoft habe Möglichkeiten einer Annäherung ausgemacht, teilte das US-Unternehmen mit. Eine Lösung sei aber noch nicht gefunden worden.

Die EU-Kommission führt seit Jahren ein Kartellverfahren gegen Microsoft wegen vermuteten Marktmissbrauchs. Anfangs ging es vor allem darum, dass die Wettbewerbshüter Microsoft den Missbrauch seiner Stellung bei Desktop-Betriebssystemen zur Durchsetzung einer ähnlichen Position bei Servern vorwarfen. Später dann wurde das Verfahren erweitert, die EU untersucht nun auch, ob Microsoft durch das Bundling des Media Players mit Windows die Konkurrenz unzulässig behindert. Mittlerweile hat die Kommission auch Anfragen an Hardware-Hersteller geschickt, um genauere Auskünfte über deren Lizenzbedingungen für Microsoft-Software zu erhalten -- damit soll dem Verdacht nachgegangen werden, hier würde etwa durch Ausschlussklauseln oder durch Kompensationszahlungen an Microsoft bei Nutzung von Open-Source-Software gegen EU-Wettbewerbsrecht verstoßen. Microsoft wies diese neuen Vorwürfe entschieden zurück.

Bereits vor der Anhörung hatte Wettbewerbskommissar Monti dem Konzern angekündigt, er könne beispielsweise zur Offenlegung der Kommunikations-Schnittstellen zwischen Client und Server und zur Entkoppelung des Media Players verpflichtet werden. Die Kommission kann aber auch eine Geldstrafe von bis zu 10 Prozent des Konzernjahresumsatzes verhängen -- bei Microsoft betrug dieser im Geschäftsjahr 2003 insgesamt 32,19 Milliarden US-Dollar, allerdings hat Microsoft aber auch Rücklagen von insgesamt mittlerweile über 51 Milliarden US-Dollar angesammelt. Verfahren wie das vor der EU-Kommission oder die US-Sammelklagen führte Microsoft immer wieder als Begründung an, diesen hohen Bestand an liquiden Mitteln nicht schneller -- etwa durch weit höhere Dividendenzahlungen -- abzubauen.

Microsoft hatte sich bereits am Mittwoch gegen die Vorwürfe der EU- Kommission verteidigt und davor gewarnt, dass man eine abgespeckte Version von Windows anbieten müsse, wenn die EU-Kommission Auflagen wie die Entkoppelung des Media Players verlange. Damit würde man dann gezwungen, ein minderwertiges Windows extra für Europa anzubieten. Dies sehen die in das EU-Verfahren involvierten Microsoft-Konkurrenten natürlich ganz anders. So widersprachen etwa Vertreter von RealNetworks der Ansicht Microsofts, eine Entbündelung des Media Players würde zu einem minderwertigen Windows führen, wurde aus dem Umfeld der Anhörung bekannt. Eine Demonstration der Embedded-Version von Windows XP soll angeblich zum Beweis dieser Ansicht herangezogen worden sein.

Auch Vertreter des Server- und Unix-Spezialisten Sun kamen in der Anhörung wieder zu Wort. Eine Wettbewerbs-Beschwerde von Sun vom Dezember 1998 war Ausgangspunkt der EU-Ermittlungen; Sun hatte sich beklagt, Microsoft sei bei der Lizenzvergabe diskriminierend vorgegangen und habe grundsätzliche Informationen über das Windows-Betriebssystem verweigert. Die Geheimhaltung von Kommunikationsschnittstelle zwischen Client und Servern durch Microsoft führten zu wettbewerbswidriger Behinderung der Konkurrenz, ist dann auch einer der Hauptvorwürfe, den die Kommission bislang in diesem Teil des Verfahrens gegen den Konzern erhoben hat. (jk)