PC-Preise unter Druck

Das flaue Weihnachtsgeschäft setzt die PC-Hersteller zunehmend unter Druck. Analysten sprechen schon von einem "Blutbad" in der Branche im Januar.

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Von
  • Jürgen Kuri

Das flaue Weihnachtsgeschäft setzt die PC-Hersteller zunehmend unter Druck. Die unerwartet schlechten Umsätze der gesamten Branche zogen nicht nur solche Hardware-Heavyweights wie Intel, AMD oder Compaq in Mitleidenschaft, sondern veranlassten auch den Software-Riesen Microsoft zu seiner ersten Umsatz- und Gewinnwarnung seit 10 Jahren. Spätestens ab Anfang nächsten Jahres werden die PC-Hersteller ihren hohen Lagerbeständen mit Sonderangeboten und Schnäppchenpreisen begegnen müssen.

Dieser Ansicht schlossen sich nun auch die Marktforscher von Dataquest an. Martin Reynolds, Analyst bei Dataquest meinte: "Der Januar wird ein Blutbad für jeden, der es nicht geschafft hat, seine Lagerbestände über die Verkaufskanäle abzusetzen", meinte er einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. Um dem zu entkommen, müssten die Hersteller sogar noch vor den Feiertagen die Preise senken. "Das Zeug, das vor Weihnachten nicht mehr herausgehauen wird, besonders Low-End-Geräte, wird einen großen Überhang produzieren", warnte Reynolds vor einem "großen Schlamassel".

Als hätte die Firma die Warnungen von Dataquest vorausgeahnt, begann Gateway in den USA bereits mit einer vorübergehenden Änderung der Verkaufsstrategie. Der PC-Hersteller, der bereits warnte, die Weihnachtsflaute werde zu roten Zahlen im vierten Quartal führen, will bis zum Jahresende zum ersten Mal in seiner Unternehmensgeschichte PCs in seinen Läden direkt zum Mitnehmen verkaufen. Bislang konnten Kunden in den 320 Läden von Gateway lediglich Rechner zusammenstellen und dann bestellen sowie Computer-Kurse und ähnliches besuchen. Nun will Gateway zumindest drei fertig konfigurierte Modelle anbieten, die Kunden bezahlen und sofort mitnehmen können – wohl in der Hoffnung, dadurch die Umsätze für das laufende Quartal noch ein bisschen anzukurbeln.

Gateway bestreitet zwar, diese Aktion sei dazu da, um hohe Lagerbestände abzubauen – schließlich fertige man normalerweise Rechner erst auf Kundenwunsch. Beobachter allerdings halten dies für Unsinn: Auch die so genannten "Build-to-Order"-Firmen wie Dell und Gateway hätten mit viel zu hohen Lagerbeständen zum Jahresende zu kämpfen. Zwar setzten die sich nicht aus Komplett-Rechnern zusammen, aber hohe Lagerbestände aus Komponenten bei den Herstellern selbst wie bei Zulieferern drängten ebenfalls dazu, möglichst schnell noch viele Rechner abzusetzen und durch Preisnachlässe die Verkäufe anzukurbeln.

Ob Gateway und anderen aber solche Aktionen kurzfristig weiterhelfen, darf bezweifelt werden. Die jüngsten Zahlen von PC Data, Ende der Woche veröffentlicht, sprechen inzwischen von einem Rückgang der PC-Verkäufe an Privatkunden von 17,5 Prozent im November im Vergleich zum Vorjahr. Die PC-Hersteller sitzen nach anderen Untersuchungen auf Lagerbeständen für 7,6 Wochen – rund das Doppelte üblicher Vorräte. Compaq brütet über Vorräten für 10,5 Wochen und Apple immer noch für 11 Wochen. All diese Rechner und Komponenten müssen eigentlich schleunigst weg: Schließlich steht neue Hardware ins Haus, die in diesem Weihnachtsgeschäft noch keine große Rolle spielte.

Dataquest wird wohl zudem seine Vorhersagen für das nächste Jahr korrigieren: Statt um 16 Prozent wie in diesem Jahr sollen die PC-Verkäufe 2001 nur noch um 12 Prozent zulegen. Dass es überhaupt noch Zuwachs gebe, soll dabei nach Ansicht von Dataquest nicht an den Endkunden liegen – dieses Geschäft werde bis zum vierten Quartal 2001 nur sehr mäßig laufen. Dataquest erwartet aber ab dem zweiten Quartal ein anziehendes Geschäft mit Firmenkunden, vor allem wegen dann beginnender größerer Umstellungen auf Windows 2000.

Diese Hoffnung, die Dataquest den PC-Herstellern noch lässt, könnte aber auch trügen: Zur Orchestrierung der nach unten korrigierten Umsatz-Prognose erklärte Compaq Anfang der Woche, gerade die PC-Nachfrage von kleineren und mittleren Firmen sei viel schwächer als erwartet. Besonders die Dot.Coms der Internet-Ökonomie hielten sich sehr zurück. Die New Economy könnte also wieder einmal "Erster" rufen: Erster dieses Mal bei der Reduktion der Investitionen in Hardware angesichts einer zurückgehenden US-Wirtschaft und allgemeiner Skepsis gegenüber der Internet-Ökonomie. Solche Befürchtungen führten bereits zu einer Rückstufung von EMC, dem Spezialisten für große Massenspeicherinstallationen, Hewlett-Packard und Sun durch die Börsianer.

Ob Firmen nun mehr oder weniger PCs kaufen, dürfte die Verbraucher auf den ersten Blick allerdings weit weniger als die Aktionäre der PC-Hersteller interessieren. Jedoch bringen rückläufige Verkäufe von PCs an Unternehmen die Branche noch mehr in die Bredouille – mit dem Effekt, dass auch die Preise für PCs und Komponenten noch stärker unter Druck geraten als dies allein schon durch das schwache Weihnachtsgeschäft mit Endkunden-PCs geschieht. (jk)