BKA hat Mühe mit der Internet-Kriminalität

Im Kampf gegen die Internet-Kriminellen steht die deutsche Polizei noch am Anfang ihrer Bemühungen.

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Von
  • Christian Ebner
  • dpa

Im Kampf gegen die Internet-Kriminellen steht die deutsche Polizei noch am Anfang ihrer Bemühungen. Der Direktor des Bundeskriminalamtes, Leo Schuster, musste am Mittwoch eingestehen, dass beispielsweise die jüngsten Angriffe auf die Server von Großfirmen nicht beherrschbar sind und jederzeit wieder eintreten können. Nach der Vorgabe von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) soll dazu eine so genannte Task Force gegründet werden.

Gleichzeitig legt das BKA seine Bilanz von einem Jahr Internet- Streife vor, nach der es in der ganz überwiegenden Mehrzahl der registrierten Fälle um Verbreitung von Kinderpornografie ging.

Die Verbrechensrealität im Netz sieht nach Meinung von Internet- Experten aber ganz anders aus: Gestohlen wird so ziemlich alles, was es im Netz gibt, von der Musik über Programme und Texte bis hin zum Geld, das über den Missbrauch von Kreditkarten-Daten oder über den simplen Anlagebetrug abhanden kommt. "Im Netz gibt es alles außer Mord", bringt es Martin Seeger von der Firma NetUSE auf den Punkt.

Die Internet-Wirtschaft, das wurde am Rande einer Fachtagung beim BKA deutlich, hat bislang wenig Vertrauen in die Computer-Kompetenz der Strafverfolger. Die Musikwirtschaft beispielsweise unterhält eigene Ermittlungsdienste, um Musikpiraten auf die Spur zu kommen. Straf- und zivilrechtlich sind die Piraten kaum zu belangen, wenn ihre Server in dafür geeigneten Staaten stehen, berichtet der Industrie-Vertreter Clemens Rasch. Allerdings gebe es eine gute Zusammenarbeit mit den Providern, die Seiten mit rechtswidrigen Inhalten innerhalb von 24 Stunden sperren. "Die Polizei kann uns im Internet nur selten helfen, weil es nur selten um Straftatbestände in Deutschland geht."

Die Wiesbadener Konferenz diente laut Schuster in erster Linie dazu, Vertrauen aufzubauen und Kontakte zu pflegen. Ein zum Abschluss besprochenes Positionspapier sei von "vorbildlicher Unverbindlichkeit", witzelte der BKA-Mann selbst. "Ich will sie nicht zu Hilfspolizisten machen", sagte er den Firmenvertretern, die den Datenschutz ihrer Kunden als hohes und einträgliches Gut betrachten.

Verhaltensvorschriften eines einzelnen Staates laufen bei dem weltumspannenden Medium ohnehin ins Leere, zumal es in der Internet-Gemeinde ein gerüttelt Maß an Misstrauen gegen jede Form von Autorität gibt. Es herrsche zudem den Wunsch vor, das Netz vom realen Leben zu trennen, sagt Patrick Mayer vom Fachdienst Artikel5.de. Nur in sehr krassen Fällen werde die Polizei von den Nutzern selbst eingeschaltet.

Die Notwendigkeit der Strafverfolgung werde von den angesprochenen Providern aber nicht in Frage gestellt, meint Schuster. Dieser Meinung ist auch Heiko Schlichting von der FU Berlin. Er zeigt aber auch die Grenzen der Zusammenarbeit auf: Mit einem richterlichen Beschluss, sagt er, bekommt die Polizei im konkreten Fall alles über einen Verdächtigen, was den Providern zur Verfügung steht. Was nicht gehe, sei eine vorbeugende Kontrolle des gesamten Datenaustauschs. Man könne nicht die Gesamtheit der Internet-Nutzer ausspähen, um einen kleinen Teil Straftäter leichter zu erwischen. "Das wäre so, als ob die Post jeden Brief aufmachen und lesen müsste." (Christian Ebner, dpa) (jk)