Justizministerium stellt sich gegen Schilys Anti-Terror-Paket

Der Maßnahmenkatalog zur Terror-Bekämpfung aus dem Innenministerium hält der Prüfung durch das Justizressort unter anderem aus datenschutzrechtlichen Bedenken nicht stand.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 285 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Nach dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz hat nun auch das Bundesjustizministerium massive Bedenken gegen den als "Otto-Katalog" bekannt gewordenen Gesetzesentwurf zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus aus dem Bundesinnenministerium vorgebracht. In einem Schreiben an die anderen Ressorts, das heise online vorliegt, weist die Fachebene von Justizministerin Herta Däubler-Gmelin dem Papier aus dem rivalisierenden Bundesinnenministerium zahlreiche inhaltliche und formale Fehler nach. Vor allem gegen die "beinahe uferlose Ausweitung der Ermittlungszuständigkeiten des BKA" legt das Justizministerium sein Veto ein.

Nicht anfreunden kann sich das Justizministerium in dem 32 Seiten umfassenden Brief mit der zur Debatte stehenden "Vorermittlungskompetenz" fürs Bundeskriminalamt. Es kritisiert, dass "die vorgeschlagene Regelung Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht zulässt, ohne dafür eine Eingriffsschwelle festzulegen". Damit werde eine Form der Ermittlungstätigkeit ermöglicht, die im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht zu rechtfertigen sei.

Datensammlungen "auf Vorrat" für ein nur möglicherweise zukünftig zu führendes Ermittlungsverfahren anzulegen und auf unbestimmte Zeit vorzuhalten sei als verdachtsunabhängige Vorratserhebung und ­ speicherung im Hinblick auf das vom Grundgesetz geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht unzulässig. Gingen die Wünsche von Bundesinnenminister Otto Schily in Erfüllung, würden die fürs BKA ins Spiel gebrachten neuen Befugnisse "nicht nur das dem Schutz des Beschuldigten dienende System grundlegend in Frage stellen, sondern auch die Tätigkeit der Polizeibehörden an die der Nachrichtendienste annähern und damit das Trennungsgebot verletzen".

Bauchschmerzen haben die Experten des Justizministeriums auch bei neuen Schnüffellizenzen für den Bundesverfassungsschutz. Der vom Innenministerium vorgesehene Daten- und Informationsaustausch zwischen Ermittlern und Nachrichtendiensten sowie die Auskunftspflichten, die privaten Unternehmen wie Banken, Telekommunikationsanbietern und Airlines auferlegt werden sollen, kämen "gravierenden Eingriffen" in die Bürgerrechte gleich, deren Erforderlichkeit der Bundesinnenminister nicht belegt habe. Kein Verständnis hat das Justizministerium in diesem Zusammenhang für die von Schily geforderte Generalvollmacht für den Verfassungsschutz. Danach solle der Dienst Auskunft über Telekommunikationsverbindungsdaten und Teledienstenutzungsdaten wie "Berechtigungskennungen, Karten-Nummern, Standortkennung sowie Rufnummer oder Kennung des anrufenden und angerufenen Anschlusses oder der Endeinrichtung" nebst "Beginn und Ende der Verbindung nach Datum und Uhrzeit" auf Anfrage "kostenlos und auch rückwirkend" von den Anbietern erhalten.

Ebenso wie beim vom Innenminister für notwendig erachteten schrankenlosen Einsatz des umstrittenen IMSI-Catchers zur Belauschung der Mobiltelefonierer verweist das Justizministerium bei den Fragen der Telekommunikationsüberwachung auf die im eigenen Hause erstellte Nachfolgeregelung für den § 12 des Fernmeldeanlagengesetzes. Dieser Vorschlag sei "im Hinblick auf die Einsatzvoraussetzungen sowie die datenschutzrechtlichen Belange" differenzierter.

Zu weit geht dem Justiz-Ministerium auch das Vorhaben des Innenressorts, neben Fingerabdrücken "weitere biometrischen Daten" in den Pass, auch in Form "verschlüsselter Informationen", einbauen zu wollen. Das sei durch das bisherige Passgesetz ausdrücklich verboten und bedürfe genauso wie etwa die Einbeziehung genetischer Daten einer grundsätzlichen Diskussion: Wären etwa Angaben über das Genom in Pässen gespeichert, erhielten die kontrollierenden Stellen Kenntnis von höchst sensiblen Gesundheitsdaten der Betroffenen.

Siehe dazu auch den Bericht in Telepolis: Bundesjustizministerium verreißt Schilys Anti-Terror-Paket. (Stefan Krempl) / (jk)